Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch im Prozesskostenhilfeverfahren; Verjährung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch der Vergütungsanspruch des im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Landeskasse unterliegt gem. § 195 BGB der dreijährigen Verjährungsfrist.

2. Bei einer Vertretung im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 644 ZPO beginnt die Verjährungsfrist - ungeachtet der Dauer des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens - mit dem Schluss des Jahres, in dem die gerichtliche Anordnung erlassen wird.

3. Die Einrede der Verjährung ist unbeachtlich, wenn sie von Seiten des Landes willkürlich erhoben wird, § 242 BGB. Dies kommt in Betracht, wenn sich die Landeskasse dabei nicht an die einschlägigen Verwaltungsvorschriften (hier: AV des JM NRW vom 30.6.2005 (560-Z. 20)-JMBl. NRW S. 181) hält.

 

Normenkette

BGB §§ 195 ff.; BRAGO § 16 S. 1; RVG § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 15.11.2007; Aktenzeichen 20 F 122/02)

 

Tenor

Wird die Beschwerde der Rechtsanwälte L. und Partner vom 5.12.2007 gegen den Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 15.11.2007 - 20 F 122/02 - zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer erwirkte am 31.10.2002 bei dem AG Mülheim a.d. Ruhr im Auftrag seiner Mandantin eine einstweilige Anordnung nach § 644 ZPO gegen deren Vater, mit der dieser ab November 2002 zu monatlichen Unterhaltsleistungen i.H.v. 179 EUR verpflichtet wurde. Für einen entsprechenden Antrag hatte das AG der Antragstellerin zuvor in mündlicher Verhandlung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt. Das Hauptsacheverfahren endete am 27.5.2003 durch Vergleich.

Mit Schriftsatz vom 13.12.2006, Eingang beim AG am 27.12.2006, stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Festsetzung und Auszahlung seiner Gebühren und Auslagen. Diesen Antrag wies das AG mit Beschluss vom 15.11.2007 zurück, nachdem der Bezirksrevisor die Einrede der Verjährung erhoben und der Präsident des LG auch auf die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers hin auf diese Einrede nicht verzichtet hatte.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, der das AG nicht abgeholfen hat.

II. Das zulässig eingelegte Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Der Anspruch auf Vergütung für die Wahrnehmung der Interessen der Antragstellerin im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist verjährt.

1. Gemäß § 195 BGB verjährt auch der Vergütungsanspruch des im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse binnen drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Entstanden ist der Anspruch, sobald er erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGHZ 55, 340, 341; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl. München 2008, § 199 Rz. 3 m.w.N.). Dies ist grundsätzlich mit dem Eintritt der Fälligkeit der Fall. Maßgeblich ist insoweit altes Recht, da der Beschwerdeführer vor Inkrafttreten des RVG im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist, § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG (Gerold/Schmidt/Madert, RVG-Kommentar, 17. Aufl. München 2006, § 60 Rz. 55 m.w.N.). Nach § 16 S. 1 BRAGO, der § 8 Abs. 1 S. 1 RVG entspricht, wird die Vergütung des Rechtsanwalts fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendigt ist.

2. Im vorliegenden Falle war die Angelegenheit vor Ablauf des Jahres 2002 beendigt. Denn eine besondere Angelegenheit im Sinne des Gesetzes ist, wie sich aus § 41 Abs. 1 f.) BRAGO ergibt, auch die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruches im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 644 ZPO. Dieses Verfahren aber war mit gerichtlichen Anordnung vom 31.10.2002 abgeschlossen. Selbst wenn man insoweit auf den Zeitpunkt der Zustellung der gerichtlichen Anordnung (19.11.2002) abstellen wollte, würde dies hier am Beginn der Verjährungsfrist nichts ändern.

3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers rechtfertigt der unzweifelhaft gegebene Sachzusammenhang, der zwischen dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und dem Hauptverfahren besteht, es nicht, beide Verfahren als eine Angelegenheit im Sinne des Gesetzes anzusehen (s. auch AnwKom-BRAGO/Schneider, § 16 Rz. 28 f.). Abgesehen davon, dass ein solches Normverständnis in Widerspruch zu § 41 Abs. 1 BRAGO träte, hätte die fehlende Fälligkeit zur Konsequenz, dass der Anwalt vor Beendigung des Hauptverfahrens keine Vergütung für seine Bemühungen im einstweiligen Anordnungsverfahren erlangen könnte. Tatsächlich dient die gesetzliche Differenzierung den Interessen des Anwalts, der auf diese Weise seine Vergütung zeitnah zu der von ihm entfalteten Tätigkeit einfordern kann. Dann aber ist es konsequent und angemessen, wenn insoweit auch die Verjährungsfrist zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Lauf gesetzt wird.

4. Ebenso wenig lässt sich die Beendigung der Angelegenheit im Hinblick auf ...

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