Leitsatz (amtlich)

1. Entscheidungen über Gehörsverletzungen sind von dem Gericht stets in der dann zuständigen Besetzung zu treffen, weil sie allein an Hand der Akten ergehen können.

2. Einer am Berufungsrechtszug nicht mehr beteiligten Partei, ist rechtliches Gehör zu gewähren, wenn die erstinstanzliche Kostenentscheidung zu ihrem Nachteil abgeändert werden soll.

 

Normenkette

ZPO § 321a

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 13/08)

 

Tenor

Der Antrag der Erstbeklagten, den Senatsbeschluss vom 10.11.2009 zu berichtigen, wird zurückgewiesen.

Die Anhörungsrüge der Erstbeklagten gegen den Senatsbeschluss vom 4.8.2009 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

 

Gründe

A. Der klagende Insolvenzverwalter hat in dem durch den o.a. Senatsbeschluss beendeten Rechtsstreit Feststellungsklage auf Zugehörigkeit einer vom LG Aachen titulierten Forderung zur Insolvenzmasse sowie Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen der entsprechenden Vollstreckungstitel (Urteil und Kostenfestsetzungsbeschluss) und auf Zahlung von 3.555,12 EUR gegen die Erstbeklagte erhoben. Die Klage ist der Erstbeklagten am 28.1.2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 13.3.2008 hat der Kläger die Herausgabeklage und die Zahlungsklage auf den Zweitbeklagten erweitert. Beide Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Durch Urteil vom 12.2.2009 hat das LG der Feststellungs- und Herausgabeklage stattgegeben und die weitergehende Zahlungsklage abgewiesen. Die Kosten hat es allein zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten verteilt.

Gegen dieses Urteil hat der Zweitbeklagte Berufung eingelegt und die Verurteilung zur Herausgabe der Vollstreckungstitel angefochten. Der Kläger hat sich der Berufung angeschlossen und begehrt, den Zweitbeklagten zur Zahlung von 3.555,12 EUR zu verurteilen.

Durch Beschluss vom 2.10.2009 hat der Senat die am Berufungsverfahren beteiligten Parteien darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Berufung sowie eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung unter Einbeziehung der im ersten Rechtszug mit dem Feststellungsbegehren unterlegenen Erstbeklagten beabsichtigt sei. Durch Beschluss vom 10.11.2009 hat der Senat die Berufung unter Abänderung der Kostenentscheidung zurückgewiesen und die Anschlussberufung für wirkungslos erklärt. Beide Beschlüsse sind der Erstbeklagten durch den Senat nicht bekannt gemacht worden.

B.I. Der Berichtigungsantrag ist zurückzuweisen, weil die Entscheidung des Senats vom 10.11.2009 Unrichtigkeiten, Auslassungen oder sonstige Fehler i.S.v. § 319 ZPO nicht enthält. Die beanstandete Kostenentscheidung ist nicht offenbar unrichtig. Sie ist so ergangen, wie es der Absicht des Senats entsprach. Dies folgt schon daraus, dass der Senat die Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung im Einzelnen begründet hat. Dass die Erstbeklagte mit dem Inhalt der Entscheidung nicht einverstanden ist, beruht nicht auf einer Unrichtigkeit i.S.v. § 319 ZPO, sondern an einer abweichenden Beurteilung des erstinstanzlichen Urteilsausspruchs.

II. Die Gehörsrüge bleibt ohne Erfolg.

1. Zur Entscheidung in einer von dem Beschluss vom 10.11.2009 abweichenden Besetzung ist der Senat befugt, weil § 321a ZPO keine § 320 Abs. 4 Satz 2 ZPO entsprechende Anordnung trifft (BGH NJW-RR 2006, 63). Da die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO gegen alle die Instanz beendenden Entscheidungen, auch von Einzelrichtern, in Betracht kommt, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, würde ein an § 320 Abs. 4 ZPO orientiertes Verständnis über die Mitwirkung des bisher entscheidenden Richters die Anwendung dieser Rüge in einem ihrem Zweck nach nicht gerechtfertigten Umfang einschränken (BGH, a.a.O.). Entscheidungen über Gehörsverletzungen sind von dem Gericht stets in der dann zuständigen Besetzung zu treffen, weil sie allein an Hand der Akten ergehen können.

2. Die Anhörungsrüge der Erstbeklagten ist allerdings gem. § 321a ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Da der Erstbeklagten der Senatsbeschluss vom 10.11.2009 nicht zugestellt, sondern vom LG am 7.1.2010 formlos bekannt gemacht worden ist, ist die Frist für die Gehörsrüge gem. § 321a Abs. 2 S. 3 ZPO frühestens am 9.1.2010 in Gang gesetzt worden. Am 21.1.2010 ist die Gehörsrüge per Fax, mithin innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO, eingegangen. Einer Glaubhaftmachung des Zeitpunktes der Kenntniserlangung (§ 321a Abs. 2 S. 1 ZPO) bedarf es nicht, weil der Kläger den Fristbeginn nicht in Frage stellt.

3. Die Anhörungsrüge ist aber in der Sache unbegründet. Das Berufungsverfahren zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten ist nicht unter Beteiligung der Erstbeklagten fortzuführen. Zwar ist gegen den Senatsbeschluss vom 4.8.2009 ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben. Der Senat hat aber den Anspruch der Erstbeklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

a) Die Gerichte sind nach Art. 103 Ab...

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