Leitsatz (amtlich)

›Zur Sorgfaltspflicht des Hundehalters bzw.- führers beim Ausführen des Hundes, um Körperverletzungen anderer durch den Hund zu verhindern.‹

 

Gründe

›Das AG hat die Angekl. wegen fahrlässiger Körperverletzung und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen - Einzelgeldstrafen von 20 Tagessätzen - zu je 30,-- DM verurteilt. Wegen des Vorwurfs, sich unerlaubt vom Unfallort entfernt zu haben, hat die Strafkammer das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Die weitergehende Berufung der Angekl. hat sie mit der Maßgabe verworfen, daß sie die Angekl. wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30,-- DM verurteilt hat. Hiergegen richtet sich die Revision der Angekl., die die Verletzung sachlichen Rechts rügt und ihren Freispruch erstrebt.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Es ist im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtsfertigungsschrift hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angekl. aufgezeigt.

A.

Die Strafkammer hat festgestellt:

Gemeinsam mit ihrem jetzigen Ehemann ist die Angekl. seit Jahren Halterin eines Rottweilerrüden. Hunde dieser Rasse zeichnen sich durch Kraft und Stärke sowie durch Aggressivität, geringe Schmerzempfindlichkeit und fehlende Angst aus, was auch durch gezielte Zucht gefördert wird. Im Sommer 1989 war dieser etwa 50 kg schwere und erfolgreich als Schutzhund ausgebildete Rüde 5 Jahre alt. Der Angekl. war bekannt, daß der als Welpe von einem schwarzen Hund gebissene Rüde aggressiv auf schwarze Hunde zu reagieren pflegt und daß sie den Hund durch Körperkraft bzw. Befehle wewder beherrschen noch in seine Schranken weisen konnte, wenn er erschreckt oder gereizt war. Das hielt sie indes nicht davon ab, den Hund täglich einmal auszuführen.

Verabredungsgemäß traf die Angekl. mit diesem Rüden in den frühen Abendstunden des 30.6.1989 in der Nähe des Rheins in N Ü einen anderen Hundehalter, dessen Rottweilerhündin heiß war und von dem Rüden auf einer Rheinwiese gedeckt werden sollte. Während sie noch am Fahrzeug des anderen Hundehalters stand, näherte sich die damals 14 Jahre alte Schülerin T J mit einem an der Leine geführten schwarzfarbenen Mischlingsrüden. Um einer Begegnung der Hunde aus dem Wege zu gehen, führte die Angekl. ihren Rüden, der bereits Witterung von der heißen Hündin aufgenommen hatte und sich deshalb unruhig und nervös verhielt, hinter das Fahrzeug. Nachdem T mit ihrem Hund vorübergegangen war, folgten ihr wenig später die Angekl. und der andere Hundehalter mit ihren Hunden in einem kurzen Abstand, der sich infolge der langsameren Gangart von T zudem verringerte. Als T das Nahen der anderen Hunde bemerkte, verließ sie den Weg und begab sich etwa zwei bis drei Meter abseits zur Seite auf eine angrenzende Böschung. Ihren Hund nahm sie alsdann kurz an die Leine, die sie mehrfach um ihr Handgelenk wickelte, um ein plötzliches Losreißen zu verhindern. Als die Hunde der Angekl. und ihres Begleiters etwa in gleicher Höhe waren, gebärdete sich der Rottweilerrüde der Angekl. wild, da er einen schwarzen Hund und überdies einen mutmaßlichen Rivalen um die Gunst der heißen Rottweilerhündin vor sich sah. Als er zum Sprung auf T's Hund ansetzte und dabei kräftig an der Leine zerrte, war die Angekl. nicht in der Lage, dem standzuhalten. Sie wurde mitgerissen und kam zu Fall, wobei sie die Leine losließ. Der zwischenzeitlich rasende Rottweiler sprang nunmehr T an, deren Hund sich aus Angst hinter ihren Beinen verkrochen hatte. T kam zu Fall und wurde von dem Rottweiler mehrfach ins rechte Bein in Höhe des Knies gebissen. Erst danach gelang es dem die Angekl. begleitenden anderen Hundehalter den Rottweilerrüden unter Kontrolle zu bringen und der Angekl. wieder zuzuführen. Von dritter Seite wurde T in ein Krankenhaus verbracht, in der sie sich wegen der durch die Hundebisse verursachten Wunden einer 14-tägigen stationären Behandlung unterziehen mußte.

B.

Rechtsbedenkenfrei tragen diese Feststellungen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung zur äußeren und zur inneren Tatseite.

1. Der Halter eines Hundes ist grundsätzlich verpflichtet, diesen zu überwachen und dafür Sorge zu tragen, daß Verletzungen oder sonstige Schädigungen Dritter durch den Hund verhindert werden (vgl. BayObLG, NJW 1991,1025 und VRS 74,360 ff.; OLG Bremen, NJW 1957,72 f.; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 23. Aufl., Rdn. 43 zu § 13 sowie Rudolphi in SK, StGB, 5. Aufl., Rdn. 27 zu § 13).

Ein Hund stellt eine Gefahrenquelle dar, da er in seinem Verhalten nicht vernunftgesteuert und im allgemeinen unberechenbar ist. Die hiernach im Einzelfall zu treffenden Vorkehrungen richten sich danach, welche Anforderungen im Hinblick auf die konkreten Umstände nach der Verkehrsauffassung und im Rahmen des Zumutbaren an einen verständigen, umsichtigen und in vernünftigen Grenzen vorsichtigen Hundehalter zu stellen sind, um eine Schädigung Dritter durch das Tier tunlichst...

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