Leitsatz (amtlich)

§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB findet auf gewerbliche Mietverhältnisse keine analoge Anwendung.

 

Normenkette

BGB § 556 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 03.04.2007; Aktenzeichen 35 O 122/06)

 

Tenor

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, gem. § 522 Abs. 2 ZPO wie folgt über ihre Berufung zu entscheiden:

"Die Berufung der Beklagten gegen das am 3.4.2007 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt."

 

Gründe

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Beurteilung. Das LG ist mit einer überzeugenden Begründung, die der Senat sich zu eigen macht, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung rückständiger Betriebskosten, einschließlich erhöhter Vorauszahlungen, i.H.v. insgesamt 61.709,99 EUR nebst Zinsen zusteht. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung. Soweit der Berufungsvortrag Anlass zur Erörterung gibt, beruht dies auf folgenden Überlegungen:

Wie der Senat bereits entschieden hat (GuT 2006, 132), findet § 556 Abs. 3 BGB auf gewerbliche Mietverhältnisse keine Anwendung. Dies entspricht der einheitlichen Auffassung in der veröffentlichen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, GE 2003, 323 zu § 20 Abs. 3 NMV - 24. ZS.; KG, ZMR 2007, 449 - 12. ZS.; KG, ZMR 2006, 526 - 8. ZS.; OLG Köln, GuT 2006, 314; OLG Brandenburg, Info M 2007, 22; LG Berlin, GE 2007, 446; a.A. AG Wiesbaden, NZM 2006, 140). Auch das mietrechtliche Schrifttum verneint eine Einbeziehung gewerblicher Mietverhältnisse in den Anwendungsbereich des § 556 BGB (vgl. BeckOKBGB/Ehlert, § 556, Rz. 3; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 556 Rz. 170; Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 556, Rz. 2; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 556 BGB, Rz. 458; Staudinger/Weitemeyer, Bearb. 2006, § 556 BGB, Rz. 8, 106; Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer, Miete-Handkommentar, 9. Aufl., § 556, Rz. 62; Beyerle in Geschäftsraummiete, Kap. 11, Rz. 167; Bieber/Ingendoh/Schimmel, Geschäftsraummiete, S. 167, Rz. 228; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Geschäftsraummiete, 4. Aufl. G 93).

Entgegen der auf die Entscheidung des AG Wiesbaden gestützten Auffassung der Beklagten fehlt es bereits an einer für den Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Diese kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass sich weder die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf noch die Stellungnahmen von Rechtsausschuss und Bundesrat mit einer entsprechenden Anwendung der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB auf gewerbliche Mietverträge befassen (a.A. Schmid, Mietrecht, § 556 BGB, Rz. 340). Nicht jedes Schweigen der Gesetzesmaterialien rechtfertigt den Schluss auf eine planwidrige Regelungslücke. Das OLG Köln (a.a.O.) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es für die Frage der Übertragbarkeit der Regelung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB entscheidend auf den Umstand ankommt, dass das MRRG die Systematik der Verweisung des § 580 BGB a.F. mit der Nachfolgeregelung des § 578 BGB in ihr Gegenteil verkehrt und in einer dem bis zum 31.8.2001 geltenden Recht unbekannten Methodik novelliert hat. Während § 580 BGB a.F. noch anordnete, dass die Vorschriften über die Miete von Grundstücken, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, auch für die Miete von Wohnräumen und anderen Räumen gelten, eröffnet § 578 BGB die entsprechende Anwendung nur noch für enumerativ aufgeführte Bestimmungen. Der Gesetzgeber musste folglich bei der Schaffung des § 578 BGB hinsichtlich jeder einzelnen Vorschrift aus dem Recht der Wohnraummiete ihre Übertragbarkeit auf gewerbliche Mietverhältnisse prüfen. Wenn er als Ergebnis die entsprechende Anwendung nicht für alle, sondern nur für einzelne Bestimmungen aus dem Recht der Wohnungsmiete, zum Teil auch nur für einzelne Absätze derselben, vorsieht, wird hierdurch dokumentiert, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Übertragbarkeit der nicht genannten Regelungen aus dem Recht der Wohnungsmiete abgesehen hat. Allein der Hinweis auf eine möglicherweise gleiche Interessenlage zwischen Wohn- und Gewerberaummieter rechtfertigt vor diesem Hintergrund keine analoge Anwendung der Ausschlussfrist auf gewerbliche Mietverträge.

Die Betriebskostennachforderungen sind aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auch nicht verwirkt. Soweit die Beklagte erstmals unter Beweisantritt behauptet, die Klägerin habe bei den Vertragsverhandlungen erklärt, dass die Nebenkosten des jeweiligen Jahres durch die monatlichen Vorauszahlungen gedeckt seien, ist sie hiermit bereits nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Eine Hinweispflichtverletzung durch das LG ist nicht erkennbar.

 

Fundstellen

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