Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine Gemeinde nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gerichtsgebührenbefreiungsgesetzes NW von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit, führt dies dazu, dass auch der obsiegende Gegner verauslagte Gerichtskosten nicht von ihr verlangen kann.

2. Auf eine Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 GKG kann sich eine Gemeinde nicht berufen.

3. Persönliche Kostenfreiheit einer Gemeinde nach § 64 Abs. 3 S. 2 SGB X als Trägerin der Sozialhilfe (§ 28 Abs. 2 SGB I) setzt voraus, dass ein untrennbarer Sachzusammenhang zwischen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit einerseits und dem konkreten Zivilrechtsstreit andererseits besteht.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 31.10.2002; Aktenzeichen 1 O 335/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf - Rechtspfleger - vom 31.10.2002 wird kostenfällig zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die am 28.11.2002 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den ihr am 19.11.2002 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.10.2202 ist gem. §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Die Beklagte ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gerichtsgebührenbefreiungsgesetzes NW von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit.

Der hier streitgegenständliche Mietvertrag betrifft nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen. Wirtschaftliche Unternehmen sind Einrichtungen der Gemeinde, die aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert sind und in bestimmtem Umfang eine eigenständige Verwaltung und Wirtschaftsführung erfordern (vgl. OLG Köln NVwZ-RR 1998, 469 f.). Die Gebührenfreiheit führt dazu, dass von der Beklagten keine Gerichtsgebühren verlangt werden können. Auch der obsiegende Gegner kann verauslagte Gerichtskosten nicht vom Gebührenbefreiten verlangen. Er kann diese unmittelbar aus der Staatskasse ohne ein Kostenfestsetzungsverfahren zurückfordern und ist nötigenfalls auf die Erinnerung nach § 5 GKG zu verweisen (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1993, 38 f.; OLG Koblenz JurBüro 1977, 1778 f.; Hartmann, Kostengesetze, GKG, 33. Aufl., § 2 Rz. 24; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 2 Rz. 21; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 104 Rz. 21 - "Gerichtskostenfreiheit").

2. Die Beklagte ist darüber hinaus nicht auch von der Zahlung von Auslagen befreit.

Auf eine Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 GKG, die nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 a.E. GKG auch die Auslagen erfassen würde, kann sich eine Gemeinde nicht berufen (vgl. Hartmann, GKG, § 2 Rz. 9). Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht auch keine persönliche Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 3 S. 2 SGB X, selbst wenn diese nach § 28 Abs. 2 SGB I Trägerin der Sozialhilfe ist. Aus § 64 Abs. 3 S. 2 SGB X ergibt sich nicht ausnahmslos das Privileg der Kostenfreiheit bei Zivilklagen. Vielmehr kommt es maßgeblich darauf an, ob ein untrennbarer Sachzusammenhang zwischen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit einerseits und dem konkreten Zivilrechtsstreit andererseits besteht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.1999 - 10 WF 16/99, OLGReport Düsseldorf 1999, 497 = NJW-FER 2000, 41; Beschl. v. 11.5.1999 - 10 W 48/99, OLGReport Düsseldorf 2000, 315 = NJW-RR 1999, 1669 f., m.w.N.; OLG Jena v. 12.2.1997 - 1 W 636/96, MDR 1997, 692 f. = OLGReport Jena 1997, 156; OLG Zweibrücken v. 6.12.1995 - 4 W 71/95, MDR 1996, 208). Dies ist für den vorliegenden Fall zu verneinen. Die Beklagte hat den Zivilrechtsstreit nicht in ihrer Eigenschaft als Sozialhilfeträgerin geführt. Der dem Zivilprozess zugrundeliegende Mietvertrag ist auch unabhängig davon zu beurteilen, dass die Beklagte die Mietsache zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben benötigte.

3. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss berücksichtigt sowohl hinsichtlich der Kosten aus dem Verfahren 1 O 335/01 als auch der Kosten aus dem Verfahren 1 OH 8/01 die vorgenannten Grundsätze.

In Bezug auf das Verfahren 1 O 335/01 wurden lediglich die nach der Kostengrundentscheidung im Vergleich vom 21.2.2002 (Bl. 173 GA) von der Beklagten zu tragenden hälftigen Auslagen für das Sachverständigengutachten i.H.v. 1/2 × 1.316,16 DM = 658,08 DM, entsprechend 336,47 Euro als von der Beklagten zu erstatten festgesetzt

Hinsichtlich des Verfahrens 1 OH 8/01 wurden ebenfalls ausschließlich die hälftigen Sachverständigenkosten i.H.v. 1/2 × 18.394,52 DM = 9.197,26 DM, entsprechend 4.702,48 Euro als Erstattungsbetrag festgesetzt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 5.038,94 Euro.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1200441

OLGR Düsseldorf 2004, 498

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