Leitsatz (amtlich)

1. Rückgabe der Mietsache i.S.v. § 548 Abs. 1 BGB erfordert grundsätzlich eine Veränderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters durch vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters.

2. Mit der Rückgabe beginnt auch die Verjährungsfrist erst noch entstehender Ersatzansprüche wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache.

3. Erhält der Mieter zur Durchführung der Renovierung Schlüssel zurück, wird dadurch die kurze Verjährung nicht gehemmt.

 

Normenkette

BGB §§ 202, 205, 535, 548 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 10.05.2006; Aktenzeichen 17 O 318/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.5.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des LG Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin, mit Ausnahme der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten. Diese werden dem Nebenintervenienten auferlegt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 8.1.2007, in welchem er folgendes ausgeführt hat:

I. Die Klägerin macht einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der der Beklagten laut § 9 und § 11 des Mietvertrages vom 3./17.12.1982 (im Folgenden: MV) obliegenden Verpflichtung, Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen, geltend. Die Beklagte ist insoweit aber zur Leistungsverweigerung gem. § 214 BGB berechtigt, weil dahingehende (mögliche) Ansprüche bei Klageeinreichung bereits verjährt waren.

Gemäß § 548 Abs. 1 S. 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Hierzu gehören neben Schadensersatzansprüchen wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen auch die hier noch in Rede stehenden Ansprüche wegen der Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen (vgl. auch BGH v. 15.3.2006 - VIII ZR 123/05, BGHReport 2006, 892 = MDR 2006, 1398 = NJW 2006, 1588 (1589); BGH v. 16.3.1988 - VIII ZR 184/87, BGHZ 104, 6 = MDR 1988, 668 (12)). Nach § 548 Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Die Klägerin hat das Objekt am 2.11.2004 zurückerhalten. Hiervon ist das LG rechtsfehlerfrei ausgegangen. Auch eine Hemmung der Verjährung im Hinblick auf die Verhandlungen der Parteien führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Einzelnen:

1. Die Beklagte hat am 2.11.2004 der für die Klägerin handelnden Zeugin B. den unmittelbaren Besitz am Mietobjekt verschafft. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH erfordert die "Rückgabe" der Mietsache i.S. § 548 Abs. 1 BGB (§ 558 Abs. 2 BGB a.F.) grundsätzlich eine Veränderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters (vgl. nur BGH v. 19.11.2003 - XII ZR 68/00, BGHReport 2004, 216 = MDR 2004, 268 = NJW 2004, 774 (775 m.w.N.); NJW 2000, 3202). Das bedeutet zum einen, dass der Vermieter in die Lage versetzt werden muss, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu machen. Zum anderen ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters erforderlich (BGH v. 19.11.2003 - XII ZR 68/00, BGHReport 2004, 216 = MDR 2004, 268 = NJW 2004, 774 (775); NJ 2001, 535), wobei der Vermieter hiervon Kenntnis erlangen muss. Andernfalls hat das Mietverhältnis sein tatsächliches Ende nicht gefunden (BGH v. 19.11.2003 - XII ZR 68/00, BGHReport 2004, 216 = MDR 2004, 268 = NJW 2004, 774 (775); Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VI Rz. 40).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Anlässlich des Treffens am 2.11.2004 wurde der Klägerin der unmittelbare Besitz am Mietobjekt eingeräumt. Die Besitzerlangung nach § 548 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht unbedingt identisch mit der Rückgabe gem. § 546 BGB (vgl. OLG Hamm v. 12.12.1995 - 29 U 80/95, OLGReport Hamm 1996, 111 = ZMR 1996, 372 zu § 558 BGB a.F.). Entscheidend ist, dass dem Vermieter die unmittelbare Sachherrschaft (§ 854 BGB) vom Mieter übertragen wird (BGH NJW 2005, 2004; 2000, 3203; 1992, 687; s. auch Senat, Urteil vom 30.4.2001, Grundeigentum 2002, 2296, ebenso veröffentlicht in Jurisweb; Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 548 Rz. 11 m.w.N.). Er soll die Möglichkeit haben, die Sache ungestört auf Veränderungen und Verschlechterungen zu untersuchen (BGH a.a.O. und in BGH v. 14.5.1986 - VIII ZR 99/85, BGHZ 98, 59 = MDR 1987, 135; Senat, a.a.O.; Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Diese Möglichkeit war der Klägerin ab dem 2.11.2004 eingeräumt; denn durch die Schlüsselübergabe hatte sie jederzeit die Möglichkeit, das Objekt zu betreten und es anderen Mietinteressenten zu zeigen bzw. Feststellungen zu den von der Beklagten noch zu leistenden Arbeiten zu treffen.

Zwischen den Parteien ist insoweit streitig, ob die Beklagte sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Schlüssel zurückgegeben hat. Die Klägerin meint, die Beklagte müsse noch Schlüssel in ihrem Besitz haben, und dass dies einer B...

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