Leitsatz (amtlich)

1. Für die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung durch das LG als Berufungsgericht ist das OLG als das "nächsthöhere Gericht" zuständig.

2. Der Gebührenstreitwert des Räumungsbegehrens bemisst sich nach der Nettomiete zzgl. Umsatzsteuer, wenn die Nebenkosten nicht pauschal festgelegt sind, sondern auf Grund einer Abrechnung ermittelt werden (Bestätigung von Senat ZMR 2006, 516).

 

Normenkette

GKG § 41 Abs. 2, § 66 Abs. 3 S. 2, § 68 Abs. 1 S. 5

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 27.04.2006; Aktenzeichen 9 S 151/05)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Wertfestsetzung im Urteil der 9. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 27.4.2006 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat den Beklagten auf Räumung der ihm vermieteten Wohnung M-Weg in E. in Anspruch genommen. Das AG M. (24 C 165/04) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin ist der Beklagte durch das LG Wuppertal zur Räumung verurteilt worden.

Durch die angefochtene Entscheidung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat das LG den Streitwert auf 13.492 EUR festgesetzt.

Der Beklagte wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung mit seinem Rechtsmittel. Er macht geltend, die Räume im Souterrain seien ihm nie übergeben worden. Das wirtschaftliche Interesse an der Herausgabe der von ihm genutzten Räume sei deshalb nur mit 12 × 800 EUR = 9.600 EUR zu bemessen.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel des Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 S. 2, 66 Abs. 5 und 6 GKG zulässig. Auch gegen Wertfestsetzungen des LG als Berufungsgericht ist der Weg der Streitwertbeschwerde eröffnet. Anders als die bis zum 30.6.2004 vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718 ff.) anzuwendende Vorschrift des § 25 Abs. 3 S. 2 GKG a.F. enthält § 68 Abs. 1 GKG keinen Ausschluss der Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Rechtsmittelgerichts. Der Verzicht des Gesetzgebers auf die Übernahme der früheren Regelung in das neue Kostenrecht steht auch einer analogen Heranziehung der entsprechenden Rechtsmittelbeschränkung aus § 567 Abs. 1 ZPO entgegen.

Zuständig zur Entscheidung über die im Berufungsrechtszuge getroffenen Wertfestsetzungen der LG sind die OLG. Beschwerdegericht ist in diesen Fällen nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 2 GKG grundsätzlich das "nächsthöhere Gericht". Zwar wäre im zivilprozessualen Instanzenzug der Hauptsache - in dem allein denkbaren Fall einer Rechtsbeschwerde gegen die landgerichtliche Berufungsentscheidung - der BGH die auf das LG folgende Instanz (§§ 574, 577 ZPO, 133 GVG). Der Begriff des "nächsthöheren Gerichts" im Sinne der Rechtsmittelvorschriften des Kostenrechts lehnt sich nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht an den Instanzenzug der Hauptsache an, sondern meint das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht, mithin für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des LG das OLG.

Der Gesetzgeber hat sich in den Rechtsmittelvorschriften des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist (BT-Drucks. 15/1971, 157 zu § 66 GKG), zielgerichtet von dem Instanzenzug der Hauptsache lösen wollen, um das Beschwerdeverfahren unabhängig vom Beschwerdeverfahren der Hauptsache auszugestalten, "da Bezugnahmen auf die Vorschriften des Hauptsacheverfahrens wegen ihrer allgemeinen Fassung im Kostenrecht nicht selten zu Zweifeln über den Umfang der Verweisung und damit zu Auslegungskontroversen geführt" hätten. Um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zur Fortbildung des Rechts zu fördern sollte die Beschwerde auch gegen Entscheidungen des Rechtsmittelgerichts zulässig sein. Dieses gesetzgeberische Ziel würde aber bei Annahme einer Bindung an den Instanzenzug der Hauptsache schon deswegen verfehlt, weil nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG eine Kostenbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet und damit eine Beschwerdeinstanz zur Überprüfung der im Berufungsverfahren der LG getroffenen Wertfestsetzungen nicht zur Verfügung stünde. Die Richtigkeit dieser Sichtweise bestätigt sich im Rückschluss aus § 66 Abs. 3 S. 2 GKG: Bei Übereinstimmung des Begriffs "nächsthöheres Gericht" mit dem im Instanzenzug übergeordneten Gericht wäre diese Norm überflüssig (ebenso: OLG Celle v. 17.11.2005 - 3 W 142/05, OLGReport Celle 2006, 270 ff.; OLG Jena JurBüro 2005, 479 f.; Meyer, GKG, 7. Aufl., § 66 Rz. 42 und § 68 Rz. 1; a.A.: OLG Celle v. 15.11.2005 - 11 W 87/05, OLGReport Celle 2006, 191 f.; Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, RVG, 17. Aufl., zu § 32 RVG dort Rz. 80 - auf § 567 Abs. 3 ZPO a.F. verweisend).

2. Das Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache allerdings keinen Erfolg:

Mit Recht hat das LG in seiner Nichtabhilfeentscheidung darauf abgestellt, dass der nach den Vereinbarungen der Parteien auf 800 EUR geminderte Miet...

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