Entscheidungsstichwort (Thema)

Zweiwöchige Notfrist bei sofortiger Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss in Strafsachen. Erstattung der Wahlverteidigergebühren für zwei beigeordnete Pflichtverteidiger

 

Leitsatz (amtlich)

›1. Für die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss in Strafsachen gilt nicht die einwöchige Einlegungsfrist des § 311 Abs. 2 StPO, sondern die zweiwöchige Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung, vgl. JMBl NW 2002, 139 f.).

2. Der freigesprochene Angeklagte, dessen notwendige Auslagen der Staatskasse auferlegt worden sind, hat Anspruch auf Erstattung der Wahlverteidigergebühren für zwei ihm beigeordnete Pflichtverteidiger, sofern deren Bestellung aus Gründen der gerichtlichen Fürsorge oder zur Sicherung des Verfahrensfortganges erfolgt ist.‹

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Entscheidung vom 03.01.2005; Aktenzeichen 25 Ks 26/03 V)

 

Gründe

Im Oktober 2003 erhob die Staatsanwaltschaft Wuppertal vor dem Schwurgericht Anklage wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung gegen den früheren Angeklagten. Der Vorsitzende der zuständigen Strafkammer bestellte am 17. Oktober 2003 den - bereits im Ermittlungsverfahren als Wahlverteidiger tätig gewordenen - Rechtsanwalt D. in W. zum Pflichtverteidiger des früheren Angeklagten und ordnete ihm ferner am 23. Dezember 2003 Rechtsanwalt B. in W. als weiteren Pflichtverteidiger bei. Nach zehntägiger Hauptverhandlung wurde der frühere Angeklagte durch Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. März 2004 freigesprochen, wobei die Strafkammer seine notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegte.

Durch Beschluss vom 14. Juli 2004 setzte die Rechtspflegerin bei dem Landgericht Wuppertal die dem früheren Angeklagten aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 1.983,60 EUR fest. Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen den Wahlverteidigergebühren und den insoweit bereits aus der Staatskasse gezahlten Pflichtverteidigergebühren für die Teilnahme des Rechtsanwalts ß. an der Hauptverhandlung zuzüglich Mehrwertsteuer. Dem Antrag des früheren Angeklagten, auch die Differenz zwischen der Wahl- und der Pflichtverteidigervergütung für die Mühewaltung des Rechtsanwalts D. (1.542,80 EUR) zu Lasten der Staatskasse festzusetzen, hat die Rechtspflegerin durch den angefochtenen Beschluss nur in Höhe von 133,40 EUR (Differenzbetrag zwischen Wahl- und Pflichtverteidigergebühr für das Vorverfahren) entsprochen. Gegen die Zurückweisung seines Antrags im übrigen wendet sich der frühere Angeklagte mit seiner "Erinnerung".

I.

Das am 18. Januar 2005 bei Gericht eingegangene Rechtsmittel gegen den am 6. Januar 2005 zugestellten Beschluss ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 464b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Insoweit hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach für die sofortigen Beschwerden im strafrechtlichen Kostenfestsetzungsverfahren nicht die einwöchige Frist des § 311 Abs. 2 StPO, sondern die in § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgesehene zweiwöchige Beschwerdefrist gilt (so bereits die Senatsbeschlüsse vom 16. September 1999 - 3 Ws 408/99 -, vom 20. Dezember 2001 - 3 Ws 512/01 - JMBl NW 02, 139f., und vom 21. Oktober 2002 - 3 Ws 336/02 - NStZ 03, 324f. mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand; a.A. OLG Düsseldorf, 2. Strafsenat, Rpfl 04, 120).

Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zur Zulässigkeit von Rechtsbeschwerden (§§ 574ff. ZPO) im strafrechtlichen Kostenfestsetzungsverfahren (BGHSt 48, 106, 107f.) zu erkennen gegeben, dass er für diesen Bereich die nach dem Gesetzeswortlaut "entsprechende" Anwendung zivilprozessualer Vorschriften nur in Betracht zieht, wenn und soweit sie strafprozessualen Prinzipien nicht widerspricht. Anschließend an diese Überlegung wendet der Senat im Interesse einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung mittlerweile auch § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO (Beschwerdezuständigkeit des Einzelrichters) im strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr an (vgl. Beschluss vom 15. April 2004 - HI-3 Ws 67/04, insoweit abweichend noch Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2002 - 3 Ws 336/02 - NStZ 03, 324f.). Auf die bisherige Senatsrechtsprechung zur Frage der maßgeblichen Beschwerdefrist in strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren hat die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutage getretene Tendenz zur Auslegung des § 464b S. 3 StPO allerdings keinen Einfluss. Insoweit vertritt der Senat nach wie vor die Ansicht, dass eine Anwendung der §§ 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO (Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde binnen zweiwöchiger Notfrist) dem Sinn des § 464b S. 3 StPO am ehesten entspricht und strafprozessualen Prinzipien nicht zuwiderläuft.

Entscheidend hierfür ist zunächst die Erwägung, dass bei konsequenter Anwendung strafprozessualer Prinzipien ein in Strafsachen ergangener Kostenfestsetzungsbeschluss ohnehin nicht mit der s...

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