Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderungsverfahren nach § 239 FamFG; Darlegungs- und Beweislast des Antragstellers; erhöhte Fahrtkosten als konkrete berufsbedingte Aufwendungen des Unterhaltsschuldners

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Abänderungsverfahren nach § 239 FamFG hinsichtlich eines gerichtlichen Unterhaltsvergleichs trifft demjenigen, der die Abänderung begehrt, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Geschäftsgrundlage, auf der die frühere Vereinbarung basierte, entfallen ist.

2. Den Unterhaltsschuldner, der erhöhte Fahrtkosten als konkrete berufsbedingte Aufwendungen für Fahrten zu seiner Arbeitsstelle einkommensmindernd geltend macht, trifft eine erhöhte Darlegungslast hinsichtlich des tatsächlichen Anfalls der entsprechenden Kosten. Es bedarf konkreten Vortrages zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstelle und der Häufigkeit der Fahrten.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603; FamFG § 239

 

Verfahrensgang

AG Moers (Aktenzeichen 484 F 48/18)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Moers vom 10.12.2018 - 487 F 294/18 - abgeändert und den Antragstellern unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. W., Rechtsanwaltskanzlei W... Recklinghausen Verfahrenskostenhilfe für ihre Anträge gemäß der Antragsschrift vom 27.09.2018 gewährt.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.

Da von der Bedürftigkeit der Antragsteller auszugehen ist, die beabsichtigte Rechtsverfolgung entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hinreichende Erfolgsaussicht hat und darüber hinaus auch nicht mutwillig erscheint, ist den Antragstellern Verfahrenskostenhilfe zu gewähren (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO), wobei im Hinblick auf die Formulierung der Anträge im weiteren Verfahren seitens der Antragsteller dem Umstand Rechnung zu tragen sein wird, dass es sich im Grundsatz um ein Abänderungsverfahren nach § 239 Abs. 1 Satz 1 FamFG handelt.

Die amtsgerichtliche Begründung für die Zurückweisung des Verfahrenskostenhilfeantrages in der angefochtenen Entscheidung vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen. Zwar ist den Ausführungen des Amtsgerichts im Schreiben vom 27.11.2018 darin zuzustimmen, dass demjenigen, der im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 239 FamFG die Abänderung eines Vergleichs begehrt, um eine Anpassung der vormals getroffenen Vereinbarung an veränderte Umstände zu erlangen, die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass die Geschäftsgrundlage, auf der die frühere Vereinbarung basierte, entfallen ist. Indessen sind die Antragsteller ihrer diesbezüglichen Darlegungslast hinreichend nachgekommen durch den Bezug auf den Hinweisbeschluss des OLG Hamm vom 11.08.2015 im Verfahren II-10 UF 132/15, der den Vorschlag zum Abschluss des Vergleichs enthielt, dessen Zustandekommen im Beschluss vom 14.09.2015 festgestellt worden ist. In dem von den Antragstellern zu den Akten gereichten Beschluss vom 11.08.2015 hat das OLG Hamm unter I. 3. im Hinblick auf die Grundlagen des Vergleichsabschlusses auf die Ausführungen des am selben Tag ergangenen Verfahrenskostenhilfebeschluss verwiesen. In diesem in der vom Amtsgericht beigezogenen Akte AG Recklinghausen41 F 205/14 = II 10 UF 132/15 auf Bl. 125 befindlichen Beschluss sind die Grundlagen für die seinerzeitige Ermittlung der Unterhaltsverpflichtung, namentlich die Annahmen zu einem unterhaltsrelevanten (fiktiven) Einkommen des Antragsgegners enthalten. Unter Vorlage der Gehaltsabrechnungen des Antragsgegners im Zeitraum, für den eine Abänderung begehrt wird, tragen die Antragsteller substantiiert ein höheres Nettoeinkommen des unterhaltsverpflichteten Antragsgegners vor, als es ersichtlich Grundlage für die berechnete und in dem gerichtlichen Vergleich vom 14.09.2015 titulierte Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Antragstellern gewesen war.

Ausgehend von in der Gehaltsabrechnung Dezember 2018 (Bl. 80 VKH-Heft) und dem dortigen Jahresnettoauszahlungsbetrag von 22.738,62 EUR und nach Abzug von 2/3 der hierin enthaltenen Verpflegungszuschüsse in Höhe von rd 2.880 EUR verbleibt ein relevantes Jahresnettoeinkommen von rd 19.858 EUR, mithin monatlich 1.655 EUR. Nach Pauschalabzug in Höhe von 5% für berufsbedingte Aufwendungen errechnet sich ein zur Verfügung stehendes Einkommen von rd 1 572 EUR, nach Abzug des kindesunterhaltsrechtlichen Selbstbehalts von 1.080 EUR stünden dem Antragsgegner zwar lediglich noch rd. 492,- EUR für die beiden Antragsteller zur Verfügung. Unter Berücksichtigung der im Falle der Geltendmachung von Mindestunterhalt für den Unterhaltsverpflichteten bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats, von der abzuweichen der Sachvortrag der Beteiligten, namentlich des Antragsgegners kein Anlass gibt, diesem ein fiktives zusätzliches Einkommen aus Nebenverdienst in Höhe von 200,- EUR zuzurechnen, mit der Folge...

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