Leitsatz (amtlich)

Ein Anlageberater, der es im Jahre 2001 unterlassen hat, im Zusammenhang mit der Empfehlung einer nicht dem Anwendungsbereich des WpHG unterfallenden steuerbegünstigten Kapitalanlage ggü. dem Anlageinteressenten unaufgefordert zu offenbaren, dass ihm eine (die 15 %-Grenze unterschreitende) Provision vom Anbieter in Aussicht steht, befand sich in Bezug auf die Verletzung der Offenlegungspflicht in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Urteil vom 30.06.2008; Aktenzeichen 7 O 1273/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Chemnitz vom 30.6.2008 (7 O 1273/07) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 20.575 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seiner am 29.6.2001 gezeichneten Beteiligung am ... Fonds Nr. 140 (... 140), einem im Jahr 2001 aufgelegten Medienfonds, in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Der Kläger wirft der Beklagten neben einer unzutreffenden Risikobelehrung und der unterlassenen Aufklärung über Fehler des bei der Anwerbung verwendeten Prospektes auch vor, ihn nicht über eine vereinnahmte Innenprovision aufgeklärt zu haben. Die Fondsgesellschaft ist im Prospekt als mittelbare Tochter der Beklagten ausgewiesen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat zwar das Zustandekommen eines Beratungsvertrages zwischen den Parteien angenommen, sich im Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht die Überzeugung verschaffen können, dass die durch die Klägerin vorgenommene Beratung nicht anleger- oder objektgerecht gewesen sei. Dem Kläger sei weder ein falscher Eindruck von der Reichweite der eingesetzten Absicherungsmechanismen für den Fall des Fehlschlagens der Filmprojekte vermittelt worden noch sei eine Risikobelehrung unterblieben. Der Kläger habe zudem nicht eine möglichst sichere Anlage gesucht, sondern sei an der mit der streitgegenständlichen Beteiligung verbundenen erheblichen Steuerersparnis (von rund 44 % seiner Nettobeteiligung) interessiert gewesen. Wegen fehlerhafter Prospektangaben hafte die Beklagte nicht. Dabei könne dahinstehen, ob die Beklagte als sog. Hintermann prospektverantwortlich gewesen sei, denn der streitgegenständliche Emissionsprospekt habe relevante Fehler nicht aufgewiesen.

Über die vereinnahmten Provisionen habe die Beklagte weder im Prospekt noch im Zuge der Beratung aufklären müssen. Lediglich unter dem Gesichtspunkt der Werthaltigkeit des Anlageobjektes seien Innenprovisionen dem Anleger dann mitzuteilen, wenn diese eine Erheblichkeitsschwelle von 15 % überstiegen, weil anderenfalls die Rentabilität der Anlage zweifelhaft sei und der Anleger hiermit nicht ohne weiteres rechnen müsse. Vorliegend sei die 15 %-Grenze jedoch nicht überschritten worden, weshalb eine weitere Aufklärung entbehrlich gewesen sei. Die offenbarungspflichtige Gefahr eines Interessenwiderspruchs habe nicht bestanden. Der Kläger habe aufgrund der Angaben im Prospekt von der Konzernverbundenheit der Beklagten und der Fondsgesellschaft gewusst und daher damit rechnen müssen, dass zumindest innerhalb des Konzerns der Beklagten Provisionen verdient werden würden. Der verständige Anleger wisse, dass aufgrund der Verbundenheit der Unternehmen ein verstärktes Absatzinteresse der Beklagten bestanden habe. Zudem habe die Beklagte mit der Übernahme einer Platzierungsgarantie zugleich den Vertrieb übernommen, so dass die erhaltene Provision ein Entgelt hierfür darstelle, nicht jedoch einen Provisionsrückfluss i.S.d. Urteils des BGH vom 19.12.2006 (Az: XI ZR 56/05). Schließlich seien auch Zweifel daran angebracht, dass im vorliegenden Falle die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens für den Fall eingreife, dass die Beklagte dem Kläger den Erhalt einer Provision mitgeteilt hätte. Es sei davon auszugehen, dass in Ansehung einer 44-prozentigen Beteiligung der Allgemeinheit an der Investition in Form von Steuerersparnissen der Kläger auch bei Kenntnis einer an die Beklagte zu zahlenden Innenprovision nicht von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.

Gegen das Urteil des LG hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages macht er unter Verweis auf die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 24.9.2008 (Az: 3 U 54/07) geltend, der bei der Anlageberatung verwendete Prospekt des ... 140 sei fehlerhaft. Die Renditeaussichten seien falsch dargestellt, die Risiken stark verharmlost worden. Die Pr...

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