Leitsatz (amtlich)

1. Kehrt die durch "Pfandrecht an eigener Schuld" gesicherte Bank das an sie verpfändete Sparguthaben des Kunden an diesen aus, gerät ihr Pfandrecht infolge Erlöschens der verpfändeten Forderung ohne weiteres in Wegfall. Stellt sie nachträglich fest, dass sie nicht hätte auszahlen müssen, sondern zuvor sogar Pfandreife eingetreten war, kann sie weder das zur Erfüllung der Einlageverbindlichkeit Geleistete noch den damit verbundenen Verlust des Pfandrechtes kondizieren.

2. In der Insolvenz des Verpfänders gilt nichts anderes; die Masse ist mit Rechtsgrund bereichert. Jedenfalls dann, wenn die Bank das verpfändete Guthaben erst nach wiederholter eigener Prüfung des Vorganges und Verstreichen eines längeren Zeitraums auf entsprechende Bitte an den Insolvenzverwalter überwiesen hat, steht ihr auch kein Ersatzabsonderungsanspruch analog § 48 Satz 2 InsO zu.

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1 S. 1, § § 1273 ff.; InsO § 48 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Urteil vom 18.07.2008; Aktenzeichen 9 O 942/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Dresden vom 18.7.2008 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

- Streitwert der Berufung: 15.828,62 EUR -.

 

Gründe

A. Die klagende Sparkasse nimmt den beklagten Insolvenzverwalter auf Erstattung des Betrages eines restlichen Sparguthabens des Insolvenzschuldners (15.828,62 EUR) in Anspruch, welches sie nach ihrer Darstellung in Verkennung eines zu ihren Gunsten bestehenden Pfandrechtes an die Masse ausgekehrt hat. Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen verwiesen wird, hat der Klage auf Zahlung dieses Betrages - nebst Verzugszinsen seit dem 12.10.2007 und vorgerichtlichen Anwaltskosten (899,40 EUR) zzgl. Rechtshängigkeitszinsen - in vollem Umfang stattgegeben. Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

B. Die Berufung hat Erfolg.

I. Ohne eine konkrete Anspruchsgrundlage zu benennen, verweist das LG auf den unerledigten Sicherungszweck der Verpfändung des Sparguthabens und leitet daraus einen Erstattungsanspruch der angeblich absonderungsberechtigten Klägerin ab. Die gesonderte Verpfändung habe sich nicht auf den in der Urkunde ausgewiesenen Betrag von 25.000 DM beschränkt, sondern die planmäßigen Folgeeinzahlungen des Insolvenzschuldners auf das Sparkonto mitumfasst. Da die Mitarbeiterin H. der Klägerin offensichtlich irrtümlich angenommen habe, das Sparkonto sei lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 25.000 DM verpfändet, habe sie mit den vom Beklagten behaupteten fernmündlichen Erklärungen gegenüber dessen Mitarbeiter C. vom 22.3.2005 keinen Verzicht auf Rechte am Restguthaben ausgesprochen. Der Inhalt des Begleitschreibens der Klägerin vom 14.2.2006 zur Zahlung sei zwar wie eine Rückgabe des Sparbuches zu werten, führe aber, da zur Verpfändung die Übergabe des Sparbuches nicht erforderlich sei, nicht zum willensunabhängigen Erlöschen des Pfandrechtes kraft Gesetzes (§§ 1253, 1278 BGB).

II. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Ein Anspruch aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB scheidet aus, weil die Überweisung des streitgegenständlichen Hauptsachebetrages an den Beklagten im Februar 2006 keine rechtsgrundlose Leistung der Klägerin darstellte.

a) Allerdings stand der Klägerin, wie das LG richtig erkannt hat, ursprünglich ein Pfandrecht an dem gesamten Sparguthaben - und nicht nur an dem zur Befriedigung gesicherter Gegenansprüche genutzten Teilbetrag von 12.782,30 EUR (= 25.000 DM) - zu.

Ein solches umfassendes Pfandrecht, das einem Pfandgläubiger auch "an eigener Schuld" eingeräumt werden kann (vgl. bereits RGZ 57, 363; 116, 207), ergab sich zum einen aus der ausdrücklichen Einzelverpfändung des Insolvenzschuldners vom 29.2.2000. Deren Reichweite im Sinne einer - über die Verpfändung der Ersteinlage von 25.000 DM hinausgehenden - rechtlich zulässigen Vorausverpfändung auch planmäßig anzusparender weiterer Beträge auf dem entsprechenden Sparkonto hat das LG im Rahmen der vorzunehmenden Auslegung zutreffend bestimmt. Auch die Berufung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Dass die Klägerin den Umfang dieser Verpfändung im ersten Rechtszug zunächst selbst anders - beschränkend - interpretiert und dargestellt hatte, war eine unbeachtliche Fehleinschätzung, die offenbar genau derjenigen entsprach, die die Mitarbeiter der Klägerin vorprozessual zur bloßen Teilverwertung und zur Auszahlung des Restguthabens veranlass...

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