Leitsatz (amtlich)

Zur Geltendmachung von Aufwendungen bei amtspflichtwidrig nicht rechtzeitiger Mitteilung einer Terminsaufhebung im Wege der Amtshaftungsklage.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 5 O 1176/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 22.09.2017 - Az.: 5 O 1176/16 - unter Aufhebung im Kostenpunkt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Kostenforderung seiner Prozessbevollmächtigten, S...-Rechtsanwälte, in Höhe von 359,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 289,50 EUR seit dem 11.12.2017 und aus weiteren 70,00 EUR seit dem 31.01.2018 freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 86/100 und der Beklagte 14/100 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 83/100 und der Beklagte 17/100 zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche geltend, weil seinem Prozessbevollmächtigten die mit Verfügung vom 31.03.2016 angeordnete Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 07.04.2016 erst am Terminstag, nachdem er von Hamburg nach Dresden angereist war, erreichte.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

B. I. Die zulässige Berufung hat nur zum geringen Teil Erfolg.

1. Dem Kläger steht aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG ein Anspruch zu, dass er vom Beklagten bezüglich der seinen Prozessbevollmächtigten im Rahmen der Terminswahrnehmung am 07.04.2016 entstandenen Reisekosten in Höhe von 289,50 EUR und deren Anspruch auf Tagesgeldpauschale gemäß Anlage 1 Nr. 7005 RVG in Höhe von 70,00 EUR freigestellt wird.

1.1 Der geltend gemachte Anspruch scheidet entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deswegen aus, weil es sich bei der Abladung um einen Justizverwaltungsakt handeln würde mit der Folge, dass ein Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG einzuleiten gewesen wäre.

Bei der (nicht rechtzeitigen) Terminsabladung handelt es sich nicht um einen Justizverwaltungsakt im Sinne dieser Vorschriften.

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheidet das ordentliche Gericht nur über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen und sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten u.a. auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts und des Zivilprozesses getroffen worden sind. Ein danach erforderlicher Justizverwaltungsakt, der allein Grundlage des Verfahrens nach den §§ 23 ff. EGGVG sein kann, liegt nicht vor. Zu den Justizverwaltungsakten gehören insbesondere nicht die Rechtsprechungsakte, unter die nicht nur die Urteile und Beschlüsse, sondern auch die der Entscheidung vorausgehenden gerichtlichen Maßnahmen fallen. Auch verfahrensleitende und -fördernde Maßnahmen sind deshalb wegen ihres Zusammenhangs mit der Rechtsgewinnung der Kontrolle im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG entzogen (OLG Hamm, Beschl. v. 02.06.1997, Az.: 15 VA 8/97, JurBüro 1997, 601; MüKoZPO/Pabst, 5. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 5). Zu diesen verfahrensleitenden Maßnahmen, die nicht unter § 23 EGGVG fallen, gehören auch die Anberaumung bzw. Aufhebung oder Verlegung von Terminen. Hierfür ist unerheblich, dass für die Bewirkung der Zustellung nicht der Richter oder Rechtspfleger, sondern die Geschäftsstelle Sorge zu tragen hat, vgl. § 166 ZPO. Denn Rechtsprechung ist im vorliegenden Zusammenhang im funktionellen Sinn zu verstehen, so dass auch die Tätigkeit der Geschäftsstelle erfasst wird (vgl. Kissel/Meyer, GVG, 8. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 9), wenn sie sich - wie hier - auf Prozesssachen bezieht (OLG Hamm, a.a.O.).

1.2 Dem Anspruch des Klägers auf Freistellung von der seinen Prozessbevollmächtigten geschuldeten Erstattung der Fahrtkosten und Auslagenpauschale fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil es sich um notwendige Kosten des vor dem Landgericht Dresden geführten Ausgangsverfahrens 4 O 3165/14 (im Folgenden: Ausgangsverfahren) handelt mit der Folge, dass diese im dortigen Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machen wären.

Allerdings ist anerkannt, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen kann, wenn ein Titel auf einfacherem Weg zu erlangen ist, z.B. im Kostenfestsetzungsverfahren (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., vor § 253 Rn. 18b).

a) Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch kann zugleich aus materiellem Recht begründet sein. Nach materiellem Schadensrecht erfasst der Schadensersatzanspruch aus §§ 823 ff., §§ 249 ff. BGB auch die den Umständen nach erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung. Dieser materiell-rechtliche Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten wird überlagert, wenn der Geschädigte im Prozess obsiegt und hierdurch einen durchsetzbaren prozessualen Erstattungsanspruch erlangt. Der Geschädigte kann seine...

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