Leitsatz (amtlich)

1. Einer juristischen Person stehen datenschutzrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche wegen der Verwendung von Daten aus Personalakten ihrer Mitarbeiter nicht zu.

2. Urlaubslisten eines Unternehmens stellen keine Geschäftsgeheimnisse dar.

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Aktenzeichen 7 O 574/20)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichtes Zwickau vom 11.02.2022 - 7 O 574/20 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7000,- EUR vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Unterlassung der Verwendung von Daten aus ihrer Lohnbuchhaltung sowie im Wege der Stufenklage Auskunft über den Besitz sowie Herausgabe von weiteren Unterlagen mit vertraulichen Informationen aus ihrem Unternehmen. In dem zwischen den Parteien vor dem Landgericht Zwickau anhängigen Verfahren 4 O 36/19 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 19.05.2020 zu Beweiszwecken zwei E-Mails der Klägerin vorgelegt, die deren Mitarbeiterin L... an den Steuerberater der Klägerin gesandt hatte und aus denen sich urlaubs- und krankheitsbedingte Fehlzeiten des Geschäftsführers der Klägerin sowie weiterer Mitarbeiter im Juni und im Oktober 2016 ergeben. Frau L... ist zwischenzeitlich bei der Klägerin ausgeschieden und derzeit Vereinsmitglied bei dem Beklagten. Auch der Vorsitzende des Beklagten - Herr L... - ist ehemaliger Arbeitnehmer der Klägerin.

Die Klägerin hat den Beklagten wegen dieser E-Mails vor dem Landgericht auf Unterlassung und Herausgabe in Anspruch genommen und Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften und gegen das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) gerügt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ob es sich bei dem Inhalt der vorgelegten Mails um Geschäftsgeheimnisse der Klägerin handele, könne im Ergebnis dahinstehen, weil der Beklagte sich jeweils auf beachtliche Belange berufen könne, aufgrund deren er berechtigterweise diese Daten im Verfahren habe vorlegen dürfen. Datenschutzrechtliche Schutznormen seien nicht einschlägig, die Vorlage dieser E-Mails in einem Gerichtsverfahren stelle bereits keine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 DSGVO dar, der Beklagte sei überdies nicht Verantwortlicher im Sinne von Art. 7 DSGVO. Auch ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB komme nicht in Betracht.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die die Auffassung vertritt, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Beklagte sich auf ein berechtigtes Interesse an der Vorlage der streitgegenständlichen E-Mails in dem Parallelverfahren berufen könne. Tatsächlich sei er aber nicht berechtigt, auf Daten der Lohnbuchhaltung der Klägerin zurückzugreifen und diese in einem Rechtsstreit zu verwenden. Das Landgericht habe überdies nicht hinreichend berücksichtigt, dass derartige Arbeitnehmerdaten zu den Geschäftsgeheimnissen der Klägerin gehörten. Die Klägerin müsse befürchten, dass der Beklagte im Besitz von weiteren Geschäftsgeheimnissen sei. Daher sei er zur Auskunft verpflichtet. Des Weiteren habe das Landgericht fehlerhaft angenommen, dass das Bundesdatenschutzgesetz nicht zur Anwendung komme. Die Vorlage geschützter Arbeitnehmerdaten verletzte zudem das allgemeine Persönlichkeitsrecht, dessen Schutz auch die Klägerin als juristische Person für sich in Anspruch nehmen könne.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Dokumente und elektronische Daten, die vertrauliche Informationen und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin aus der Lohnbuchhaltung der Klägerin enthalten, in irgendeiner Weise zu gebrauchen oder zu verwenden, Dritten mitzuteilen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder auf einem zur dauerhaften Speicherung geeigneten Datenträger, insbesondere USB-Sticks, Speicherkarten, Festplatten, CD, DVD, Blu-ray und sonstige physische Laufwerke, zu speichern, aufzubewahren, zu besitzen und/oder solche Datenträger Dritten zugänglich zu machen oder zu vervielfältigen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, Dokumente und elektronische Daten, die vertrauliche Informationen und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin aus der Lohnbuchhaltung der Klägerin enthalten, an die Klägerin herauszugeben und auf etwaigen Datenträgern zu löschen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, welche Dokumente und/oder elektronische Daten, die vertrauliche Informationen und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin beinhalten oder darstellen, wie beispielsweise E-Mails mit Daten oder Informationen aus der Lohnbuchhaltung der ehemaligen und/oder aktuellen Arbeitnehmer der Klägerin, sich in seinem Besitz befinden und von dem Beklagten zu welchem Zeitpunkt in welcher Weise verwendet und/oder an welche Dritte weitergegeben w...

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