nicht rechtskräftig!

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftungsfreistellung nach § 104 SGB VII greift auch ein, wenn ein Schulträger Schüler zwischen Schule und einer Sammelstelle mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Personal befördert. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII führt in diesem Fall nicht zu einer Haftungsentsperrung.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Urteil vom 26.08.1999; Aktenzeichen 4 O 1042/99)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Dresden vom 26.08.1999 – Az.: 4 O 1042/99 – wird auf seine Kosten

z u r ü c k g e w i e s e n.

II. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen auf dem Gebiet der Europäischen Union zugelassenen Kreditinstituts oder einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

III. Das Urteil beschwert den Kläger mit weniger als 60.000,00 DM.

IV. Die Revision des Klägers wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.500,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes aufgrund eines Verkehrsunfalls.

Der minderjährige, aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung geistig und körperlich behinderte Kläger ist Schüler einer Behindertenschule, die gemäß §§ 21 ff. SächsSchulG in Trägerschaft der Beklagten steht. Angegliedert ist ein Heim, das aber nicht Bestandteil der Förderschule ist.

Jeweils montags wurde der Kläger von seinen Eltern zu einer Behindertenschule der Stadt Dresden in der Fischhausstraße in Dresden gebracht. Von dort erfolgte der Weitertransport in einem für die Bedürfnisse des Transports Behinderter eingerichteten und von der Beklagten gehaltenen Kleinbus, der durch einen bei der Beklagten beschäftigten Fahrer geführt wurde. Der Bus bediente lediglich die Förderschule bzw. das Heim der Beklagten.

Von Montag bis Freitag wurde der Kläger in der Schule bzw. dem angegliederten Heim betreut und untergebracht. Weder in der Behindertenschule in der Fischhausstraße in Dresden noch während der Fahrt von bzw. nach Hoyerswerda fand eine besondere Betreuung wegen der Behinderung der Schüler statt; ebenso wenig bedurfte der Kläger während der Fahrt einer besonderen Betreuung. Der Transport musste daher auch nicht zwingend mit einem für die speziellen Bedürfnisse Behinderter ausgestatteten Kleinbus durchgeführt werden. Außerdem kam es häufig vor, dass die Behindertenschule in Dresden bereits geschlossen war, wenn die Kinder dort auf den Bus nach Hoyerswerda warteten oder von Hoyerswerda wieder nach Dresden zurückgebracht wurden.

Der Kostenaufwand für den Schultransport ist von der Beklagten durch Satzung geregelt.

Am 20.06.1997, einem Freitag, wurde der Kläger nach Beendigung des Schulunterrichts wie üblich von der Förderschule in Hoyerswerda zum vereinbarten Sammelpunkt in der Fischhausstraße in Dresden gefahren. Gegen 15.10 Uhr überfuhr der Kleinbus der Beklagten ca. 300 m nach dem Ortsausgang Leppersdorf auf der Rückfahrt von Hoyerswerda aus nicht mehr aufklärbaren Gründen die Mittellinie der Staatsstraße 95 und kollidierte hierbei mit einem entgegenkommenden LKW. Dabei wurden sowohl der Fahrer des Kleinbusses als auch eine Mitschülerin des Klägers getötet.

Der Kläger erlitt infolge des Unfalls eine Schädelprellung sowie eine Kontusion des linken Oberarmes. Etwa zwei Monate nach dem Verkehrsunfall begab sich der Kläger in fachärztliche psychiatrische Behandlung.

Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen:

Infolge des Verkehrsunfalles habe er neben den physischen Verletzungen auch psychische Schäden davongetragen. Es sei infolge des Unfalls zu rezidierenden Angstzuständen, einer vegetativen Übererregbarkeit, übermäßiger Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen und Freudlosigkeit gekommen. So habe er es seither vermieden, Aktivitäten und Situationen zu erleben, die Erinnerungen an den Unfall wachrufen könnten. Infolge seiner geistigen Behinderung sei er nur schwer in der Lage, das erlittene Trauma zu verarbeiten.

Insgesamt sei daher ein Schmerzensgeld in Höhe eines Betrages von 10.500,00 DM angemessen.

Bei der Fahrt des Klägers von Hoyerswerda nach Dresden handele es sich nicht um einen Teil der schulischen Organisation. Außerdem fehle es an einer die Unfallversicherung begründenden Beziehung. Als Schüler gehöre der Kläger nicht zu dem Personenkreis, der für das „Unternehmen” i.S.v. § 2 SGB VII tätig werde.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 21.06.1997 zu bezahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Ansp...

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