Leitsatz (amtlich)

§ 528 Abs. 1 BGB findet auf vor dem 3.10.1990 nach §§ 282 f. ZGB-DDR abgeschlossene und vollzogene Schenkungsverträge keine Anwendung.

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Aktenzeichen 3 O 273/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen X ZR 118/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.500 Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht als Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht einen Anspruch auf Rückgewähr einer Schenkung wegen Notbedarfs gem. § 528 BGB geltend.

Frau …, geboren am, bewohnte seit 1977 ein Appartment im Wohnstift.

Im Jahre 1989 beantragte sie erstmals bei der Klägerin die Gewährung von Sozialhilfe. In dem Antrag vom 30.8.1989 gab sie als Vermögen einen Erbanspruch nach ihrem 1987 verstorbenen Sohn an, verschwieg aber, dass sie außerdem über Grundbesitz in der damaligen DDR verfügte (Bl. 56 ff. d. A.). Den Erbanspruch trat Frau … an die Klägerin ab.

Die Klägerin gewährte ihr daraufhin, beginnend vom 1.9.1989 an – im Hinblick auf den Erbanspruch zunächst darlehensweise –, Sozialhilfe (K 6 und K 7, Bl. 24 f. d. A.).

Durch Schenkungsvertrag des Staatlichen Notariats Zwickau vom 7.6.1990 übertrug Frau … der Beklagten eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 19.404 m2 in Hartenstein zu Alleineigentum (K 1, Bl. 7 f. d. A.). Die Beklagte wurde am 5.9.1990 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin erfuhr hiervon im Oktober 1993 und unterrichtete die Beklagte über den geltend gemachten Rückforderungsanspruch durch Schreiben vom 14.10.1993 (K 3, Bl. 10d. A.).

Durch Bescheid vom 11.11.1993 leitete die Klägerin den Rückforderungsanspruch der Frau … gem. § 90 BSHG auf sich über (K 4, Bl. 11d. A.). Der Bescheid ist bestandskräftig.

In dem Erbauseinandersetzungsverfahren nach dem Sohn der Frau … wurden deren Erbansprüche mit Vergleich vom 28.7.1999 durch Zahlung von 30.000 DM abgefunden.

Die Vergleichssumme verrechnete die Klägerin auf von ihr seit 1.9.1989 gewährte Sozialleistungen.

Frau … verstarb am 11.6.2000.

Die Klägerin hat behauptet, nach Verrechnung der 30.000 DM verblieben noch der Frau … von März 1992 an gewährte Sozialleistungen i.H.v. 12.592,17 DM (Kostenaufstellung K 5, Bl. 13 ff. d. A.).

Sie hat die Ansicht vertreten, eine Verarmung der Frau … sei im März 1992 eingetreten, da ab diesem Zeitpunkt die gewährten Sozialleistungen nicht mehr mit dem später aus den Erbansprüchen erlösten Geldern verrechnet werden konnten. Auf diese Fallkonstellation sei trotz Abschlusses und Vollzuges des Schenkungsvertrages über das in der ehemaligen DDR belegene Grundstück noch vor dem 3.10.1990 das BGB und insbesondere § 528 BGB anzuwenden. Da ein Teilherausgabe des Grundstückes nicht möglich sei, sei Wertersatz in Geld gem. § 818 Abs. 2 BGB zu leisten.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.593,17 DM nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9.6.1998 aus 100.670,36 DM seit dem 22.3.2000, aus 1.873,51 DM seit dem 21.6.2000 und aus 49,30 DM seit dem 7.6.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Höhe der gewährten Sozialleistungen und deren Angemessenheit bestritten und die Ansicht vertreten, als Zeitpunkt der Verarmung sei die Antragstellung im August 1989 anzusehen. Auf den Schenkungsvertrag sei das Recht der DDR anzuwenden, das einen solchen Rückforderungsanspruch nicht gekannt habe. Die Anwendung des § 528 BGB sei daher ausgeschlossen.

Das LG hat zunächst Beweis erhoben über den Verkehrswert des verschenkten Grundstückes zum Stichtag 1.3.1992 durch Gutachten der Sachverständigen, die den Verkehrswert auf DM 130.500,00 ermittelt hat. Es hat dann weiter Beweis erhoben zur Höhe der gewährten Sozailleistungen durch Vernehmung des Zeugen und die Klage schließlich aus Rechtsgründen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, § 528 BGB sei auf diesen Schenkungsvertrag nicht anwendbar. Bei dieser Vorschrift handele es sich um einen normierten Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 242 BGB, so dass für die Frage der Anwendbarkeit auf Altverträge Art. 232 § 1 EGBGB heranzuziehen sei. Danach sei die Anwendung des § 528 BGB zwar auch auf vor dem 3.10.1990 im Beitrittsgebiet abgeschlossene Verträge (Altverträge) möglich, bei den vor dem 3.10.1990 beidseitig erfüllten Altverträgen aber nur dann, wenn anderenfalls ein mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarendes Ergebnis nicht vermieden werden könne. Dies sei hier nicht der Fall. Der Schenkungsvertrag sei unter der Geltung des ZGB-DDR geschlossen und vollzogen worden. Das ZGB-DDR habe einen Rückforderungsanspruch des Schenkers nicht gekannt...

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