Leitsatz (amtlich)

Heilung der Zustellung der nur vom Gerichtsvollzieher beglaubigten Abschrift einer einstweiligen Verfügung.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Urteil vom 23.11.2017; Aktenzeichen 5 O 333/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 23.11.2017 - Az.: 5 O 333/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind hinsichtlich der Kosten des Beklagten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht Amtshaftungsansprüche gegenüber dem Beklagten im Hinblick auf eine Zustellung einer einstweiligen Verfügung durch die Obergerichtsvollzieherin E. zu deren Aktenzeichen: DR I 1434/14 geltend.

Nach Erwirkung einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Saarbrücken - Az.: 7 O 59/14 - gegenüber dem dortigen Verfügungsbeklagten, dem Zeugen M. G., beauftragte die Klägerin durch anwaltliches Schreiben vom 26.08.2014 die Obergerichtsvollzieherin E. mit der Parteizustellung des Beschlusses des Landgerichtes Saarbrücken vom 18.04.2014. Als Anlagen zu dem genannten Auftragsschreiben vom 26.08.2014 wurden "2 Ausfertigungen d. Beschlusses, 2 × Antragsschrift u. Anlagen, 1 Abschrift des Beschlusses" genannt.

Die Zustellung an den Zeugen G. erfolgte per Post am 29.08.2014. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der von der Obergerichtsvollzieherin zusammengehefteten und beglaubigten Zustellsendung eine Ausfertigung des Beschlusses vom 18.08.2014 oder nur eine von der Urkundsbeamtin nicht unterschriebene Abschrift der Ausfertigung beilag.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2014 stellte der Zeuge G. im einstweiligen Verfügungsverfahren Aufhebungsantrag unter Berufung auf § 927 ZPO und stützte diesen darauf, dass die Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO versäumt wurde.

Das Landgericht Saarbrücken gab dem Antrag statt und hob mit Urteil vom 06.05.2015 die einstweilige Verfügung vom 18.08.2014 auf.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Erstattung der ihr im einstweiligen Verfügungsverfahren entstandenen Kosten als Schadensersatz geltend.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, vgl. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat darüber Beweis erhoben, ob der Zustellsendung eine Ausfertigung der Beschlussverfügung beilag oder nicht. Mit Urteil vom 23.11.2017 hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe den Nachweis nicht führen können, dass der Zustellsendung keine Ausfertigung beigefügt gewesen sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihr am 28.11.2017 zugestellte Urteil des Landgerichtes Chemnitz hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.12.2017 - beim Oberlandesgericht eingegangen am gleichen Tage - Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Mit Verfügung vom 28.03.2018 hat der Senat darauf hingewiesen, dass selbst für den Fall, es sei lediglich eine Kopie des Verfügungsbeschlusses zugestellt worden, eine Heilung nach § 189 ZPO in Betracht zu ziehen sei.

Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz vor:

Die Übersendung einer beglaubigten Abschrift einer Kopie der Beschlussverfügung sei für eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht ausreichend. Eine Heilung nach § 189 ZPO komme vorliegend nicht in Betracht. Denn eine solche setze die Zustellung eines Titels i.S. des § 317 ZPO und mithin der entsprechende Zugang voraus und nicht der Zugang irgendeines Schriftstückes in irgendeiner Form.

Darüber hinaus sei die Abweisung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches die Folge von Verfahrensfehlern und einer sachfremden und gegen Denkgesetze und wesentliche Grundsätze der Logik verstoßenden Beweiswürdigung des Landgerichts. So sei das Landgericht dem Beweisantrag auf Einvernahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin dazu, dass die Obergerichtsvollzieherin, nachdem sie mit ihrem Fehler erstmals konfrontiert worden sei, diesem gegenüber geäußert habe, überflüssige und nicht mehr benötigte Unterlagen vernichtet zu haben, nicht nachgegangen. Zudem habe das Landgericht mit seiner Erwägung, die Möglichkeit, dass die Ausfertigung im Nachhinein abhanden gekommen sei, sei nicht auszuschließen, die an die Überzeugungsbildung zu stellenden Maßstäbe überspannt.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz:

Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 23.11.2017 unter dem Az.: 5 O 333/16 wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.208,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise hinsichtlich der der Klägerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten...

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