Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit von Verkauf und Abtretung des Vergütungsanspruchs eines Verfahrenspflegers zu Einziehungszwecken

 

Verfahrensgang

AG Pirna (Beschluss vom 24.10.2003; Aktenzeichen 1 F 720/01)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des AG - FamG - Pirna vom 24.10.2003 wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

 

Gründe

I. S.G. ist in dem zugrunde liegenden Umgangs- und Sorgerechtsverfahren gem. § 50 FGG als Verfahrenspflegerin sowie als Ergänzungspflegerin für die minderjährigen Kinder bestellt worden. Am 24.2.2003 legte sie hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Verfahrenspflegerin Schlussrechnung und bat um Überweisung des Betrages von 1.659,86 Euro auf ihr Konto. Die Kostenrechnung wurde, nachdem die Verfahrenspflegerin mit Schreiben vom Mai 2003 das angegebene gerichtliche Aktenzeichen korrigierte, am 28.5.2003 an die Bezirksrevisorin zur Stellungnahme gesandt, die mehrere Kürzungen für erforderlich hielt. Hierzu wiederum nahm die Verfahrenspflegerin mit Schreiben vom 26.6.2003 Stellung.

Am 16.9.2003 ging beim AG Pirna ein mit "Zahlungserinnerung mit Saldenabstimmung" bezeichnetes Schreiben der D.F. AG ein, mit dem die hier gegenständliche sowie Vergütungen aus zwei weiteren Verfahren angemahnt wurden. Zugleich wurde gebeten, die "Saldenabstimmung zu prüfen und zu bestätigen, dass die den oben genannten Rechnungen zugrunde liegenden Leistungen vollständig erbracht wurden und die Forderung einredefrei ist". Als Anlage war ein Schreiben der Verfahrenspflegerin beigefügt, in dem diese erklärte, ihre Forderungen an die D.F. AG verkauft und übertragen zu haben. Die Auszahlung wurde auf ein Konto der D.F. AG erbeten. Beigefügt war als weitere Anlage eine Kopie der Schlussrechnung, in der die Namen der Verfahrensbeteiligten anonymisiert worden waren.

Am 23.10.2003 erfolgte ein weiteres Schreiben der D.F. AG, mit der sie darauf hinwies, dass Zahlungen schuldbefreiend nur an sie ergehen könnten, und zugleich eine Frist bis zum 30.10.2003 setzte. Am 24.10.2003 erließ das AG Pirna den angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss, mit dem die Vergütung, wenn auch in geringerer Höhe als von ihr beantragt, zu Gunsten der Verfahrenspflegerin festgesetzt wurde.

Am 3.11.2003 legte die Staatskasse sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 24.10.2003 ein: Bei einer Wirksamkeit des F.-Vertrages hätte die Vergütungsfestsetzung nicht zu Gunsten der Verfahrenspflegerin stattfinden dürfen. Bei Unwirksamkeit, die sich insb. aus § 134 BGB i.V.m. § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB herleiten könne, dürfe wiederum die Auszahlung nicht an die D.F. erfolgen.

Die Verfahrenspflegerin tritt der Beschwerde der Staatskasse entgegen. Sie vertritt die Ansicht, der F.-Vertrag sei wirksam, stehe aber ihrer eigenen Antragstellung nicht entgegen. Der Datenschutz sei gewahrt, da sie der D.F. AG nur anonymisierte Rechnungen übermittle, allenfalls die Gerichte verletzten den Datenschutz, da sie zum Teil nicht anonymisierte Festsetzungsbeschlüsse an die D.F. AG schickten. Ein Verbot des F. bedrohe ihre weitere freiberufliche Existenz und verletze damit ihre Grundrechte.

Hinsichtlich der Einzelheiten des zwischen der Verfahrenspflegerin und der D.F. AG bestehenden Vertrages wird auf diesen sowie die allgemeinen Geschäftsbedingungen der D.F. AG Bezug genommen.

II. Die gem. §§ 67 Abs. 3, 56g Abs. 5 FGG zulässige und formal nicht zu beanstandende Beschwerde der Staatskasse ist in der Sache unbegründet, Die Vergütungsfestsetzung zugunsten der Verfahrenspflegerin ist zu Recht erfolgt, da der Vertrag zwischen ihr und der D.F. AG gem. § 134 BGB i.V.m. § 203 Abs. 1 Ziff. 5 StGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Gebot unwirksam ist. Diese Unwirksamkeit erfasst auch die Abtretung als Erfüllungsgeschäft.

1. Strafvorschriften stellen im Zweifel Verbotsgesetze i.S.d. § 134 BGB dar; maßgeblich ist jeweils Sinn und Zweck. Ebenso wie die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Ziff. 1 StGB) dient auch die Schweigepflicht von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen dem Schutz der Individualsphäre des Klienten. § 203 Abs. 1 Ziff. 5 StGB stellt damit ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB dar. Daran ändert auch nichts, dass die Verfahrenspflegerin nicht aufgrund eines zwischen ihr und den von ihr im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens unterstützten Kindern geschlossenen Vertrages tätig wurde, sondern auf Beiordnung des Gerichtes.

2. Gegen dieses Verbot bzw. gegen die ihm zugrunde liegende Schweigepflicht von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen hat die Verfahrenspflegerin mit Abschluss des F.-Vertrages verstoßen. Aufgrund des Vertrags ist sie verpflichtet, der D.F. AG Einzelheiten aus den den Vergütungsforderungen zugrunde liegenden Verfahren offen zu legen.

Bereits in der Präambel dieses Vertrages ist festgelegt, dass der F.-Rahmenvertrag ein auf Dauer angelegtes Treueverhältnis begründet, welches ein enges Zusammenwirken und gegenseitige Information bedingt. ...

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