Leitsatz (amtlich)

1. Die Übertragung einer Streitsache auf den Einzelrichter steht deren Abgabe an eine andere Kammer im Rahmen einer unterjährigen Geschäftsverteilungsplanänderung nicht entgegen. Die Streitsache bleibt auch nach Abgabe Einzelrichtersache, eines "Bestätigungsbeschlusses" der aufnehmenden Kammer bedarf es nicht.

2. Unwahre Tatsachenbehauptungen, die in der Entgegnung auf ein Unterlassungsbegehren enthalten sind, begründen in der Regel keine Vermutung für eine Wiederholungsgefahr.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 1a O 2799/15)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

I. Die Klägerin macht Ansprüche im Zusammenhang mit der Ausstrahlung des Films "Er ist wieder da", Kinostart 8.10.2015, gegen die Beklagte geltend. Im Abspann dieses Films ist sie beim Timecode 2.46:36 für einen kurzen Augenblick von hinten zu sehen. Es handelt sich insofern um die Übernahme dokumentarischen Materials, das zuvor in zahlreichen Medien veröffentlicht worden war. Im Anschluss hieran wird eine Autofahrt des fiktiven Hitlerdarstellers gezeigt, in der dieser von zahlreichen Passanten erkannt und gegrüßt wird, was dieser mit dem Satz kommentiert "Damit kann ich arbeiten". Es wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit Schreiben vom 11.10.2015 forderte der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte per Telefax auf, bis zum 12.10.2015 die "Zurschaustellung" der Klägerin zu unterlassen, ein Anerkenntnis bezüglich aller Schäden dem Grunde nach abzugeben, der Klägerin ein "Schmerzensgeld" in Höhe von 100.000,- EUR zu zahlen sowie die Kosten ihres Bevollmächtigten aus dem Gegenstandswert von 150.000,- EUR zu übernehmen. Mit E-Mail vom 13.10.2015 lehnte die Beklagte dieses Ansinnen ab. In dieser E-Mail heißt es auszugsweise:

"Bei der Recherche nach der Identität Ihrer Mandantin durften wir feststellen, dass ihre Vorwürfe in Bezug auf Gesundheitsschädigungen und Befürchtungen bzgl. des weiteren Fortkommens völlig haltlos sind. Ihre Mandantin ist nicht das von Ihnen dargestellte sensible Unschuldslamm, sondern - so wie Sie es selbst auch sind - eine hochaktive Teilnehmerin der rechtsextremen Szene.... Hier beispielhaft eine Auswahl der Ihnen bestens bekannten Aktivitäten Ihrer Mandantin: ... Schwerste Beleidigungen der Bundeskanzlerin als "Schlampe", "elende Fotze", "Hure", etc. durch ihre Mandantin beim Besuch der Kanzlerin in H. (https://www.youtube.com/...)"

Bei Eingang der Klage am 3.12.2015 war nach dem seinerzeit maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan die 3. Zivilkammer des Landgerichts zuständig. Durch Beschluss ihrer Mitglieder VRiLG W., RiLG M. und RinLG K. vom 31.3.2016 (Bl. 32 d.A.) wurde das Verfahren auf den Einzelrichter, RinLG K. übertragen. Durch Präsidiumsbeschluss des Landgerichts vom 30.1.2017 wurde zum 1.2.2017 die "1a. Zivilkammer" gegründet. Im ab diesem Zeitpunkt geltenden Geschäftsverteilungsplan heißt es:

"1. Die 1a. Zivilkammer bearbeitet

a) Medien- und Pressesachen (Streitigkeiten i.S.v. § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a ZPO) unabhängig davon, in welchem Medium die Veröffentlichung erfolgt und Streitigkeiten wegen Verletzung des Namens, des allgemeinen Persönlichkeits-rechts, des wirtschaftlichen Rufes und der Ehre, jeweils im ersten und zweiten Rechtszug, soweit keine Wettbewerbssache vorliegt. Im Zweifel ist die Zuständigkeit der 11. Zivilkammer begründet;

b) Entscheidungen nach § 11 SächsSchiedsStG (Amtsenthebung des Friedensrichters).

Besetzung:

Vorsitzender Richter am Landgericht W.

- als Vorsitzender -

mit einem Bruchteil seiner Arbeitskraft

Richterin am Landgericht K.

- zugleich als regelmäßige Vertreterin des Vorsitzenden -

mit einem Bruchteil ihrer Arbeitskraft

Richter am Landgericht Kxx.

mit einem Bruchteil seiner Arbeitskraft

Die 1a. Zivilkammer nimmt nicht am Zivilturnus teil.

Der 1a. Zivilkammer werden zum 1.2.2017 alle Verfahren in den unter a) und b) aufgeführten Zuständigkeitsbereichen, die bei der 3. Zivilkammer zum 31.1.2017"

RiLG M. ist nicht Mitglied dieser Zivilkammer. In einer Medieninformation des Landgerichts vom 31.3.2017 heißt es hierzu:

"Durch die Verlagerung der Zuständigkeit soll jeder Zweifel an einer Unbefangenheit des Gerichtes vermieden werden. In der Vergangenheit waren in einigen Fällen unter anderem von Beteili...

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