Leitsatz (amtlich)

1. Fordert ein Elternteil aufgrund gesetzlicher Prozessstandschaft (§ 1629 Abs. 3 S. 1 BGB) Kindesunterhalt, so kommt es für die Frage der Bedürftigkeit i.S. der §§ 114, 115 ZPO nicht auf seine, sondern auf die Verhältnisse des Kindes an.

2. Zum Vermögen des Kindes i.S.d. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO gehören Prozesskostenvorschussansprüche gegenüber den Eltern.

3. Für den Prozesskostenvorschussanspruch gilt, da Sonderbedarf, § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nicht, so dass auch der betreuende Elternteil vorschusspflichtig sein kann.

4. Kann ein Elternteil nicht die gesamten Kosten auf einmal aufbringen, bleibt – nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben – zu prüfen, ob er einen Vorschuss ratenweise ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Selbstbehaltes leisten kann. Ist dies der Fall, so ist Prozesskostenhilfe nur mit entsprechenden Ratenzahlungsanordnungen zu gewähren. Durch den in Raten zu leistenden Prozesskostenvorschuss darf der unterhaltspflichtige Elternteil nicht in größerem Umfang belastet werden, als er bei der Verfolgung eigener Rechte nach den Maßstäben des § 115 ZPO in Anspruch genommen werden könnte.

 

Verfahrensgang

AG Dresden (Aktenzeichen 305 F 1709/01)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG – FamG – Dresden vom 14.9.2001 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Eheleute, die seit Juli 2000 getrennt leben. Aus ihrer Ehe ist neben dem Sohn S., der sich in Ausbildung zum Hotelkaufmann befindet, die Tochter J., geboren am 14.11.1987, hervorgegangen, die im Haushalt der Klägerin lebt. Für sie macht die Klägerin – in Prozessstandschaft gem. § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB – Unterhaltsansprüche ab Juni 2001 geltend.

Ihrem Prozesskostenhilfeantrag hat das FamG mit Beschluss vom 14.9.2001 mit der Einschränkung stattgegeben, dass sie verpflichtet wurde, auf die Kosten monatliche Raten von 60 DM zu zahlen. Gegen die Ratenzahlungsanordnung wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, der das FamG mit – begründetem – Beschluss vom 8.11.2001 nicht abgeholfen hat. Einer Auflage des Senatsvorsitzenden entsprechend hat sich die Klägerin zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen weiter geäußert.

II. Die nach § 127 Abs. 2 ZPO (alte Fassung) zulässige Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Wie die Begründung in der Nichtabhilfeentscheidung zeigt, stimmt das FamG mit der Auffassung der Beschwerdeführerin überein, dass es in den Fällen, in denen ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gem. § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB in eigenem Namen geltend macht, für die Frage der Bedürftigkeit i.S.d. §§ 114, 115 ZPO auf die Verhältnisse des Kindes und nicht auf diejenigen des klagenden Elternteils ankommt. Dies steht im Einklang mit der st. Rspr. des Senates (so zuletzt OLG Dresden, Beschl. v. 22.10.2001 – 22 WF 120/01, mit ausführlicher Begründung unter Ablehnung der vom 10. Senat des OLG Dresden im Beschluss vom 27.8.2001 – 10 WF 543/01, vertretenen Ansicht; vgl. zum Meinungsstreit Zöller/Philippi, 22. Aufl., § 114 ZPO Rz. 8 m. Rsprnachw.).

2. Richtigerweise hat das FamG allerdings auch berücksichtigt, dass bei der Prüfung der Bedürftigkeit des Kindes zu beachten ist, dass eine Partei gem. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO ihr Vermögen einzusetzen hat, soweit dies zumutbar ist, und dass zum Vermögen auch ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen die Eltern gehören kann (Zöller/Philippi, ZPO; 22. Aufl., § 115 ZPO Rz. 67m. N.). Denn die Kosten der Prozessführung gehören, wenn es um den Unterhalt geht, zum Bedarf des Kindes i.S.d. § 1610 BGB. Sie stellen allerdings einen Mehrbedarf gegenüber dem laufenden Unterhalt dar, für den die Regelung des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nicht gilt. Ein Prozesskostenvorschussanspruch kommt daher auch gegenüber dem betreuenden Elternteil, hier also der Klägerin, in Betracht (Palandt/Diederichsen, 61. Aufl., § 1610 BGB Rz. 13; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 6 Rz. 25, jew. m. Rsprnachw.).

2.1. Nicht gefolgt werden kann der Meinung der Beschwerdeführerin, dass eine Prozesskostenvorschusspflicht in allen Fällen ausscheidet, in denen der Verpflichtete, würde er eigene Ansprüche geltend machen, selbst Anspruch auf Prozesskostenhilfe hätte. Außer Frage steht zwar, dass ein Vorschussanspruch dann nicht besteht, wenn der Unterhaltspflichtige selbst Anspruch auf ratenfreie Prozesskostenhilfe hätte. Umstritten ist jedoch, ob dies ohne weiteres auch in all den Fällen gilt, in denen der Verpflichtete nach den Maßstäben des § 115 Abs. 1 ZPO zu möglicherweise hohen Ratenzahlungen herangezogen werden könnte. So wird teilweise vertreten, es sei verfehlt, dem Unterhaltspflichtigen aufzuerlegen, den Prozesskostenvorschuss in Raten zu entrichten, und gleichzeitig dem Unterhaltsberechtigten Prozesskostenhilfe gegen Raten i.H.d. Zahlungen auf den Prozesskostenvorschuss zu bewilligen (so Wendl/Scholz, § 6 Rz. 27; BSozG Rpfleger 1994, 304 f.; Zöller/Philippi, § 115 ZPO Rz. 70 je m.w.N.). Andere stehen auf dem Standpunkt, dass in den Fällen, in denen der Unterhal...

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