Leitsatz (amtlich)

1. Eine Widerspruchsbelehrung bei einer Lebensversicherung im Policenmodell, die den Fristbeginn u.a. an den Erhalt "dieser Unterlagen" knüpft, ohne einzelne Unterlagen zu benennen, genügt den gesetzlichen Anforderungen.

2. Ausführungen zu einer Antragsbindungsfrist bedarf es bei Verträgen, die im Policenmodell geschlossen wurden, nicht.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 323/18)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert auf 7.378,24 EUR festzusetzen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zurückzahlung der Prämien und Nutzungen aus der zum 01.11.1996 von der Tochter und Rechtsvorgängerin der Klägerin abgeschlossenen fondsgebundenen Lebensversicherung zu, §§ 812 ff. BGB, § 5 a VVG, a. F.

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass sie bei der Vertragsübernahme am 13.04./ 09.06.2004 nicht auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen worden ist. Denn hinsichtlich der Vertragsübernahme hat die Klägerin den Widerspruch nicht erklärt und kann daraus keine Rechte herleiten. Vielmehr meint die Klägerin, dass der Versicherungsvertrag infolge ihres Widerspruches vom 10.05.2017 von Anfang an nicht wirksam zustande gekommen sei. Sie begehrt die Zurückzahlung sämtlicher - auch von ihrer Tochter vor Vertragsübernahme - gezahlter Prämien. Im Rahmen einer echten Vertragsübernahme eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages ist aber ein möglicherweise bestehendes Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers nach § 5 a VVG in der Fassung vom 21.07.1994 zumindest dann von vornherein nicht geeignet, eine rückwirkende Beseitigung des Vertragsverhältnisses herbeizuführen, wenn sich die Widerspruchserklärung nach ihrer Zielrichtung auf den Versicherungsvertrag als solchen und nicht auf die Übernahme desselben bezieht (vgl. BGH, Beschluss vom 21.12.2016 - IV ZR 365/13 - juris).

Die Klägerin kann sich auch nicht auf ein auf sie gemäß §§ 415, 417 BGB übergegangenes Widerspruchsrecht stützen. Denn die Belehrung entspricht den Anforderungen von § 5 a VVG in der Fassung vom 21.07.1994. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Belehrung ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. In dem vier Seiten umfassenden Policenschreiben ist die Widerspruchsbelehrung der einzige Text, der insgesamt im Fettdruck hervorgehoben ist und daher nicht übersehen werden kann. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Belehrung über den Fristbeginn ausreichend. Die in § 5 a Abs. 2 VVG genannten Unterlagen werden genannt. Die Belehrung stellt im vorliegenden Fall im Satz 2 auf den Erhalt "dieser Unterlagen" ab und verweist auf den vorangehenden Satz, in dem sämtliche notwendigen Unterlagen genannt werden. Dort heißt es: "Mit Ihrer Antragsdurchschrift, dieser Police nebst Verbraucherinformationen inklusive Versicherungsbedingungen sind Sie im Besitz aller gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen". Es werden insbesondere keine einzelnen Unterlagen herausgegriffen, die zu den Verbraucherinformationen gehören - wie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.09.2016 (IV ZR 192/14 - juris). Einer Angabe zur Antragsbindefrist bedarf es bei Verträgen, die im Policenmodell abgeschlossen worden sind, nicht (vgl. Senat, Urteil vom 29.11.2016 - 4 U 677/16 - juris; anders für Verträge im Antragsmodell BGH, Urteil vom 18.07.2018 - IV ZR 68/17 - juris). Im Übrigen wird auf die zutreffende Begründung des Landgerichts Bezug genommen.

Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet aus, weil es auch im Falle einer unterstellter Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells der Klägerin nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt ist, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2015 - IV ZR 155/14 - juris).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12902593

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