Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Nichtigkeit des Ehevertrags trozt Globalverzichts ("Realschullehrer")

 

Leitsatz (amtlich)

Die in einem - kurz vor der Heirat - geschlossenen Ehevertrag getroffenen Regelungen zu den Scheidungsfolgen, die zu eine Globalverzicht führen, haben nicht notwendig die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge, wenn - subjektiv - die Unterlegenheit eines Ehegatten nicht bestand oder eine bestehende Zwangslage nicht ausgenutzt wurde.

Der Verzicht auf Krankheitsunterhalt ist im Rahmen der Ausübungskontrolle nicht gerichtlich zu korrigieren, wenn der angemessene Lebensbedarf durch eigene Einkünfte gesichert ist und die Einkommensdifferenz nicht zu einem Unterhaltsanspruch führt.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 138, 1585c

 

Verfahrensgang

AG Peine (Urteil vom 02.12.2008; Aktenzeichen 20 F 299/08)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 2.12.2008 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Peine wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der am 23.6.1947 geborene Antragsteller und die am 15.9.1948 geborene Antragsgegnerin haben am 10.3.1978 die Ehe geschlossen, aus der die Töchter A., geboren am 31.1.1982, und B., geboren am 26.7.1989, hervorgegangen sind. Beide Parteien waren damals und sind auch heute als Realschullehrer in ... tätig.

Am 9.3.1978 schlossen die Parteien vor dem Notar ... einen Ehevertrag - Urkundenrolle Nr. .../1978 -. In § 1 heißt es:

"Wir beabsichtigen, die Ehe miteinander einzugehen. Für diesen Fall vereinbaren wir, dass, falls wir uns als Eheleute trennen oder scheiden lassen sollten, ein jeder von uns ggü. dem anderen Ehegatten auf jeglichen Unterhalt, auch für den Fall der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie den Fall der Not verzichtet."

In § 2 wurde der Versorgungsausgleich - nach eingehender Belehrung über dessen Wesen und Bedeutung - ausgeschlossen. Die damit verbundene Gütertrennung sollte im Güterrechtsregister eingetragen werden (§ 2 Abs. 2 und 4). Nach § 3 des Vertrages wurden die Parteien eingehend über die Bedeutung und Wirkung der Unterhaltsverzichtsvereinbarung und der Gütertrennung belehrt. Schließlich ist in § 4 geregelt, dass, sollte eine dieser Vereinbarungen unwirksam sein, die anderen Vereinbarungen in ihrem Bestand dadurch nicht berührt werden sollen. Die Parteien versichern, dass sie die Ehe auch eingegangen sein würden, sollte sich eine der getroffenen Vereinbarungen als nichtig herausstellen.

Während der Lebensgemeinschaft bewohnten die Parteien ein Hausgrundstück, das der Antragsteller zu alleinigem Eigentum erworben hat.

Auf den am 22.8.2008 zugestellten Scheidungsantrag hat das AG im angefochtenen Urteil die Ehe der Parteien geschieden, festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, sowie den Antrag der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt und ihren auf Auskunft gerichteten Antrag zum Endvermögen des Antragstellers in der Folgesache Güterrecht zurück gewiesen, weil die Parteien im Ehevertrag wirksam auf ihre Rechte insoweit verzichtet hätten.

Mit ihrer Berufung beantragt die Antragsgegnerin, den Versorgungsausgleich durchzuführen sowie den Antragsgegner zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 676 EUR und zur Erteilung der Auskunft über sein Endvermögen zum 22.8.2008 durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses zu verurteilen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das angefochtene Urteil gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

Die Parteien haben im notariellen Ehevertrag vom 9.3.1978 wirksam auf die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Scheidungsfolgen verzichtet. Die Regelungen des notariellen Ehevertrags halten im Ergebnis einer gerichtlichen Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 138, 242 BGB stand (BGH FamRZ 2004, 601 ff.).

1. Nach der Rechtsprechung des BGH darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen den Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen nicht beliebig unterlaufen, so dass die Vertragsfreiheit der Eheleute ihre Grenze bei einer evident einseitigen und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung findet. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die Vereinbarung im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - losgelöst von der weiteren Entwicklung der Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung ganz oder teilweise zu versagen ist. In diesem Zusammenhang ist auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschuss, die Einkommens und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf eventuelle Kinder abzustellen (BGH FamRZ 2004, 601, 606. 2005, 1444, 1446 f.).

a) Die Parteien haben im notariellen Ehevertrag auf die wesentlichen Scheidungsfolgen verzichtet, indem sie sämtliche Unterhaltsansprüche, die güt...

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