Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung des Unterhalts; Abänderungsklage: grundlegender Richtungswechsel der Rechtsprechung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nicht jede Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt einen Abänderungsgrund i.S.d. § 323 Abs. 1 ZPO dar und ist geeignet, die Präklusionsfolgen nach § 323 Abs. 2 ZPO auszulösen. Nur ein grundlegender Richtungswechsel der Rechtsprechung ist einer Gesetzesänderung i.S.d. § 323 Abs. 1, Abs. 2 ZPO gleichzustellen.

2. Die Befristung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 2 BGB ist als Einrede ausgestaltet.

 

Normenkette

ZPO § 323 Abs. 1-2; BGB § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Stadthagen (Urteil vom 22.10.2008; Aktenzeichen 61 F 86/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels wird das am 22.10.2008 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Stadthagen teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Das Urteil des OLG Celle vom 16.3.2007 (12 UF 31/06) wird dahingehend abgeändert, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten bis zum 31.12.2012 befristet wird.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.795,96 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen einer Abänderungsklage um nachehelichen Unterhalt.

a) Sie schlossen am 17.4.1986 miteinander die Ehe, aus welcher zwei, 1986, beziehungsweise 1991 geborene Kinder hervorgegangen sind. Zur Trennung kam es im Juli 2001; das Scheidungsurteil ist seit dem 8.7.2006 rechtskräftig.

Die Beklagte war bei Eheschließung 28 Jahre alt und in dem erlernten Beruf einer Gymnastiklehrerin an einer Klinik für ein Bruttoeinkommen von 2.163 DM vollzeiterwerbstätig. Mit der Geburt der ersten Tochter gab sie die Tätigkeit auf und betreute bis 1995 Haushalt und Kinder. Von 1999 bis März 2002 absolvierte sie erfolgreich eine Ausbildung zur Ergotherapeutin und arbeitet seitdem in diesem Beruf.

Der Kläger arbeitete bei Eheschließung als Angestellter. Seit 1995 ist er verrentet und hat seitdem die Betreuung der gemeinsamen Kinder übernommen. Die ältere Tochter unterhält mittlerweile einen eigenen Hausstand, die jüngere wohnt nach wie vor bei ihm.

Nach den Feststellungen im Senatsurteil vom 16.3.2007 belaufen sich die um sämtliche abzugsfähigen Positionen bereinigten Einkünfte des Klägers auf monatlich 2.541,73 EUR und die der Beklagten auf fiktiv 902,36 EUR. Wesentliche Änderungen dieser wirtschaftlichen Verhältnisse werden im vorliegenden Verfahren nicht behauptet.

b) Der Kläger hat sein Klagbegehren, mit dem er auf einen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab dem 26.4.2008 anträgt, in erster Instanz mit dem Inkrafttreten des § 1578b BGB zum 1.1.2008 begründet. Die Beklagte habe keine ehebedingten Nachteile erlitten und sei deswegen gehalten, nunmehr ausschließlich selbst für ihren Unterhaltsbedarf aufzukommen.

Das AG hat die Klage ohne inhaltliche Prüfung der Befristungsvoraussetzungen mit der Erwägung abgewiesen, dass der Kläger mit der Geltendmachung der Befristungsgründe, namentlich des Fehlens ehebedingter Nachteile, gem. § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert sei. Bei Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren sei das Urteil des BGH vom 12.4.2006 (XII ZR 240/03), in welchem das Merkmal der langen Ehedauer als Hinderungsgrund für eine Befristung aufgegeben und stattdessen auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abgestellt worden sei, bereits veröffentlicht gewesen. Im Hinblick darauf sei der Kläger gehalten gewesen, derartige Gründe bereits im Ausgangsverfahren vorzutragen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, bereits deswegen nicht präkludiert zu sein, weil die Entscheidung des BGH aus April 2006 aus damaliger Sicht noch nicht als grundlegende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Befristung nachehelicher Unterhaltsansprüche habe verstanden werden müssen. In diesem Sinne habe sich in der damaligen mündlichen Verhandlung vor dem OLG auch der Senat geäußert. Daneben vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zum Fehlen ehebedingter Nachteile der Beklagten. Er verweist auf deren Zweitausbildung und den Umstand, dass sie nunmehr deutlich mehr verdiene, als sie ohne die Ehe im ursprünglich ausgeübten Beruf einer Gymnastiklehrerin heute verdienen könnte.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und behauptet, sehr wohl ehebedingte Nachteile erlitten zu haben. Ohne die Ehe und die Notwendigkeit der Kinderbetreuung wäre es ihr angesichts ihrer damaligen beruflichen Qualifikation möglich gewesen, beispielsweise ein Fitnessstudio zu eröffnen. In einem solchen Fall würde sie heute deutlich mehr verdienen als in dem Beruf der Ergotherapeutin.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache nur teilweisen Erfolg.

Der Kläger kann eine Abänderung des Ausgangstitels gem. § 323 Abs. 1 ZPO verlangen, weil die Gesetzesreform zum 1.1.2008 zu e...

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