Leitsatz (amtlich)

Ein zum Rücktritt berechtigender Aufklärungsmangel liegt auch vor, wenn der Käufer nicht über die Unüblichkeit des Mietpools und die damit verbundenen Nachteile aufgeklärt wird (ebenso OLG Karlsruhe v. 24.11.2004 - 15 U 4/01, ZIP 2005, 698, Hofmann, ZIP 2005, 688).

 

Normenkette

BGB § 433 a.F., § 675 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 02.08.2004; Aktenzeichen 20 O 309/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.8.2004 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Hannover geändert und wie folgt gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch des AG E. von E., Bl. 12310 verzeichneten eingetragenen Miteigentumsanteils erforderlich sind, bestehend aus 3370/100.000-stel Miteigentumsanteil nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 21 bezeichneten Eigentumswohnung, gelegen in E., H. Straße ..., bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Keller, die Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem Vorausdarlehensvertrag Nr. 4914274/9 01 und 4914274/9 02 mit der deutschen Bausparkasse Badenia AG und der BfGBank AG vom 12.5.1995/17.5.1995, Darlehensvaluta 89.987,37 EUR, freizustellen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Eigentumswohnung stehen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kläger Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

6. Die Revision wird zugelassen.

7. Streitwert für beide Instanzen: Bis 95.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen die Rückabwicklung eines im Jahre 1995 geschlossen Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in E. wegen behaupteter Falschberatung über die Finanzierung im Zusammenhang mit dem Erwerb.

Gemäß notariell beurkundetem Angebot und Annahme vom 4./9.5.1995 (Anlage K 1 und K 2) erwarben die Kläger eine 64 m2 große Eigentumswohnung in E. zum Kaufpreis von 149.672 DM. Der Vertrieb der Wohnungen erfolgte durch die im Jahre 2000 in Konkurs gefallene IHB H. & B. GmbH in Dortmund, die als Untervermittler die Firma AAB eingeschaltet hatte. Diese wiederum beschäftigte seinerzeit als freiberuflichen Mitarbeiter den Zeugen M. K., mit dem die Kläger zu tun hatten. Sowohl die Kläger als auch der Zeuge K. sind polnische Aussiedler.

Hinsichtlich der Finanzierung sowie der monatlichen Belastungen im Falle des Erwerbs wurden den Klägern ein Besuchsbericht sowie eine Beispielrechnung ausgehändigt (Anlage K 4 = Bl. 23 AnlB und K 6 = Bl. 25 AnlB). Ferner schlossen die Kläger mit der IHB H. & B. GmbH sowie der Firmentochter Baufinanz GmbH in Dortmund einen Objekt und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Bl. 24 AnlB). Aus diesem ergeben sich - unter Berücksichtigung der Grunderwerbssteuer, der Notar und Gerichtskosten, einer Finanzierungsvermittlungsgebühr von 2 %, einer Courtage von 3,45 % und einer Abschlussgebühr von 1,6 % - auch der errechnete Gesamtaufwand für den Erwerb der Wohnung i.H.v. 168.730 DM sowie unter Berücksichtigung eines Disagios von 4 % die Finanzierungssumme von 176.000 DM. Ferner traten die Kläger entsprechend der bei der Beratung gemachten Vorgabe zur Absicherung der Mieteinnahmen einem Mietpool bei (Anl. B 2; Bl. 77 f. d.A.).

Grundlage der Werbung der Beklagten war die Aussage, dass man auch ohne Eigenkapital mit Hilfe der ersparten Steuern sowie der Mieteinnahmen eine sichere Vermögensanlage realisieren könne (Bl. 41 f. d.A.). Es war deshalb eine Vollfinanzierung einschließlich der oben genannten Nebenkosten sowie eines Disagio von 4 % vorgesehen.

Die Finanzierung erfolgte, wie auch in zahlreichen anderen Fällen (OLG Celle, Urt. v. 7.12.2004 - 16 U 127/04, OLGReport Celle 2005, 44) durch die Badenia Bausparkasse in Karlsruhe, und zwar nach dem sog. "Dortmunder Modell", bei dem zunächst ein Vorausdarlehen über die gesamte Finanzierungssumme gewährt wird. Für dieses Vorausdarlehen war ein effektiver Zinssatz von 8,44 %, fest für 5 Jahre, vorgesehen. Die Darlehenstilgung sollte durch zwei ebenfalls bei der Badenia Bausparkasse in Karlsruhe anzusparende Bausparverträge erfolgen (vgl. Vertriebsinfo der H. & B. GmbH zum "Dortmunder Modell", Bl. 98 ff. d.A.; sowie Bausparurkunden und Darlehensvertrag, Bl. 29 ff. AnlB).

Aufgrund der Angaben der Kläger zu ihren Einkünften wurde eine monatliche Steuerersparnis von 227,56 DM errechnet. Ferner wurden die monatlichen Mieteinnahmen mit 582,51 DM angegeben. Als Belastungen wurden die monatlichen Zinsen für das Vorausdarlehen i.H.v. 1.047,19 DM, eine Instandhaltungsrücklage von 28,32 DM sowie Verwaltergebühren von 25 DM in Ansatz gebracht. Hieraus errechnete sich ein Gesamtau...

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