Entscheidungsstichwort (Thema)

Stufenklage auf Zugewinnausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält ein Ehevertrag erkennbar eine einseitige Lastenverteilung zuungunsten der Frau und ist er vor der Ehe und im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft geschlossen worden, gebietet es der Anspruch auf Schutz und Fürsorge der werdenden Mutter aus Art. 6 Abs. 4 GG, die ehevertragliche Vereinbarung einer besonderen richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 4; BGB § 138 Abs. 1, §§ 1378, 1379 Abs. 1 S. 1, §§ 1408, 1585c

 

Verfahrensgang

AG Syke (Urteil vom 23.02.2004; Aktenzeichen 21 F 425/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen XII ZR 130/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.2.2004 verkündete Urteil des AG - FamG - Syke aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 14.7.2003 durch Vorlage eines schriftlichen und von ihm selbst persönlich unterzeichneten Bestandsverzeichnisses, gegliedert nach Aktiva und Passiva zu erteilen sowie den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mitzuteilen.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, an das AG - FamG - Syke zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 500 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 179.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs um die Wirksamkeit eines Ehevertrages.

I. Die 1955 geborene Klägerin, welche die Schulausbildung mit dem Abitur abgeschlossen hat, beendete im Februar 1984 nach Abbruch eines Kunstgeschichtsstudiums eine Lehre als Goldschmiedin mit der Gesellenprüfung. Den 1950 geborenen Beklagten hatte sie zuvor aufgrund einer von diesem in der "Goldschmiede- und Uhrenzeitung" unter der Rubrik "Heiraten" aufgegebenen Annonce ("bereit (sind), mit mir zusammen ein bestehendes Geschäft weiterzuführen") kennengelernt. Der Beklagte ist Diplom-Ingenieur für Feinwerktechnik und war zu diesem Zeitpunkt im elterlichen Juweliergeschäft "J M " als Augenoptiker mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen i.H.v. ca. 1.900 DM angestellt; eine spätere Geschäftsübernahme war geplant. Er war überdies Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, woraus er Einkünfte i.H.v. 7.861 DM jährlich erzielte. Nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit zog die Klägerin Anfang Juni 1984 von I zum Beklagten nach S . Seit Juli 1984 war sie im Betrieb seiner Eltern als Goldschmiedin mit einem Nettogehalt i.H.v. ca. 1.166 DM beschäftigt. Ende des Jahres 1984 bezogen die Parteien eine Wohnung oberhalb des Juweliergeschäftes. Der Anfang März 1986 festgestellten Schwangerschaft der Klägerin stand der Beklagte zunächst mit der Forderung einer Abtreibung ablehnend gegenüber. Nachdem die Klägerin mit Unterstützung der Eltern des Beklagten eine Entscheidung für das Kind getroffen hatte und die Beziehung zwischen den Parteien auf deren Drängen hin legalisiert werden sollte, willigte der Beklagte in eine Eheschließung ein. Bedenken des Beklagten gegen eine solche Entscheidung rührten aus damals bereits bestehenden Partnerproblemen sowie der Furcht vor jahrelangen Zahlungsansprüchen seiner Frau im Falle einer Scheidung. Am 27.3.1986 unterzeichneten die Parteien auf Verlangen des Beklagten und dessen Eltern als Vorbedingung für eine Eheschliessung zu notariellem Protokoll des Notars M D in S einen Ehevertrag (Urkundenrolle Nr. 106/86), der u.a. folgende Bestimmungen enthält:

§ 2

Für den Fall der Rechtskraft einer eventuellen Scheidung unserer Ehe verzichten wir unter der nachfolgenden Einzelregelung gegenseitig auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch, auch für den Fall der Not. Wir nehmen die Verzichtserklärung gegenseitig an.

Der Erschienene zu 1) zahlt der Erschienenen zu 2) nach Rechtskraft einer Scheidung Ehegattenunterhalt nach den folgenden Grundsätzen:

Sind aus der Ehe eine oder mehrere Kinder hervorgegangen und übt die Kindesmutter, die Erschienene zu 2), die tatsächliche Betreuung eines oder mehrerer Kinder aus, verpflichtet sich der Erschienene zu 1), Ehegattenunterhalt nach den dann maßgeblichen Grundlagen der Düsseldorfer Tabelle und der Celler Leitlinien für die Bemessung von Unterhaltsansprüchen solange zu zahlen, bis das jüngste Kind das sechste Lebensjahr vollendet oder das schulpflichtige Alter erreicht hat.

Unabhängig davon zahlt der Erschienene zu 1) der Erschienenen zu 2) bis zur Rechtskraft einer Scheidung der Ehe eine Unterhaltsabfindung im Rahmen der Vermögensbildung, die wie folgt berechnet wird:

Für jedes angefangene Ehejahr wird ein Betrag von 3.000 DM (...) bis zur Rechtskraft einer Scheidung bezahlt.

Mit Erfüllung dieser Zahlungsverpflic...

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