Leitsatz (amtlich)

1. Die Pflicht, fremde Gelder unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten, gehört zu den anwaltlichen Kernpflichten.

2. Ein Verstoß hat regelmäßig die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft nach § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO zur Folge, da in diesen Fällen nahezu immer eine Pflichtverletzung von derart erheblicher objektiver Schwere gegeben ist, dass von dem Rechtsanwalt eine Gefahr für die Rechtspflege ausgeht und ihm kaum mehr die umfassende Aufgabe weiter anvertraut werden kann, unabhängiger Berater und Vertreter der Rechtssuchenden zu sein.

 

Tenor

Die Berufung des Rechtsanwalts wird mit der Maßgabe verworfen, dass das Vertretungs- und Beistandsverbot auf 1 Jahr herabgesetzt wird.

Der Rechtsanwalt trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

Die 2. Kammer des Anwaltsgerichts Celle hat gegen den Rechtsanwalt in der Hauptverhandlung am 5.12.2006 wegen eines Verstoßes gegen seine Berufspflicht im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines Auftrages, fremde Gelder unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten, für die Dauer von 18 Monaten auf dem Gebiet des Zivilrechts mit Ausnahme des Familienrechts ein Vertretungs- und Beistandsverbot verhängt (§§ 43, 43a, 113, 114 Abs. 1 Nr. 4, 197 BRAO, § 4 BO). Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Rechtsanwaltes fristgemäß Berufung eingelegt und diese gleichzeitig auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.

I. Das Anwaltsgericht Celle hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

im Sommer 2004 vertrat der Rechtsanwalt in einer Haftpflichtschadenssache einen Mandanten S. aus S. ggü. der P. Versicherung. Er erhielt am 9.8.2004 von der Versicherung einen Verrechnungsscheck über 10.500 EUR zum Ausgleich der Schadensersatzansprüche seines Mandanten S. Diesen Verrechnungsscheck reichte der Rechtsanwalt am 13.8.2004 seinem Geldinstitut zur Gutschrift auf seinem Konto ein, obwohl er wusste, dass dieses Konto zu diesem Zeitpunkt mit etwa 20.000 EUR bis 25.000 EUR überzogen war. Er war dann im Folgenden nicht in der Lage, diesen Betrag an den Mandanten weiterzuleiten, so dass schließlich der geschädigte Mandant, der sich insoweit anwaltlich vertreten lassen musste, am 15.11.2004 Klage vor dem LG S. gegen Rechtsanwalt K. erhob. Gegen Rechtsanwalt K. erging am 24.1.2005 ein Anerkenntnisurteil. im Folgenden glich er ratenweise die Forderung nebst Verfahrenskosten und Zinsen bis Juli 2005 aus.

Wegen dieses Vorgangs hat das AG S. am 6.9.2005 einen Strafbefehl gegen den Rechtsanwalt erlassen und wegen Untreue eine Freiheitsstrafe von 5 Monaten verhängt, deren Vollstreckung auf die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Strafbefehl ist rechtskräftig seit dem 20.3.2006.

II. Der Rechtsanwalt musste sich bereits mehrfach wegen des Vorwurfs, Fremdgelder nicht rechtzeitig weitergeleitet zu haben, verantworten:

Am 8.9.2003 erteilte der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Celle dem Rechtsanwalt eine Rüge, weil er Fremdgeld seiner Mandantin W. über einen längeren Zeitraum einbehalten hatte.

Am 14.9.2004 erließ das AG Celle gegen den Rechtsanwalt einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs, in 4 Fällen eine Untreue zum Nachteil seiner Mandanten R., D., T. und X. begangen zu haben. der Rechtsanwalt wurde verwarnt und zu einer vorbehaltenen Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 EUR verurteilt. Die Bewährungszeit wurde auf 3 Jahre festgesetzt. Der Strafbefehl ist seit dem 1.10.2004 rechtskräftig. Wegen der Vorfälle X., D. und U. wurden anschließend anwaltsgerichtliche Verfahren gegen den Rechtsanwalt eingeleitet. Nach Verbindung dieser Verfahren hat die 1. Kammer des Anwaltsgerichts Celle in der Hauptverhandlung vom 7.4.2005 das Verfahren nach § 116 BRAO i.V.m. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage i.H.v. 400 EUR vorläufig eingestellt. Am 14.4.2005 erfolgte die endgültige Einstellung des Verfahrens, nachdem der Rechtsanwalt die ihm erteilte Auflage erfüllt hatte.

III. Die persönlichen Verhältnisse hat der Senat wie folgt festgestellt:

Der Rechtsanwalt hat im Jahre 1987 die 1. juristische Staatsprüfung und im Jahre 1990 die 2. juristische Staatsprüfung bestanden. Er wurde 1990 beim AG und LG S. als Rechtsanwalt zugelassen. Im Jahre 2002 erfolgte seine Zulassung beim OLG Celle. Aus seiner 1. Ehe hat er 2 volljährige Kinder (Jahrgang 1984 und 1987). Die beiden Kinder aus seiner 2. Ehe sind im Jahre 2005 und 2006 geboren worden. Die Familie bewohnt eine Mietwohnung. Der Rechtsanwalt ist als Einzelanwalt in S. tätig. Seine Ehefrau ist nicht berufstätig.

Wegen seiner schlechten Vermögensverhältnisse musste die Rechtsanwaltskammer Celle im Jahre 2003 ein Überprüfungsverfahren einleiten. Am 29.1.2004 wurde der Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgesprochen. Nachdem der Rechtsanwalt unter Mithilfe seines Vaters seine Vermögensverhältnisse wieder geordnet hatte, hob die Rechtsanwaltskammer Celle am 10.2.2004 den Bescheid über die sofortige Vollziehung des Widerrufs auf und nahm schließlich am 26.2.2004 auch den Widerrufs...

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