Leitsatz (amtlich)

Zur Billigkeitsprüfung von Preiserhöhungen der Gasversorgungsunternehmen gegenüber Tarifkunden:

1. Tarifpreiserhöhungen können nur durch Kostensteigerungen gerechtfertigt werden, die bereits zum Zeitpunkt der Preisanpassung eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt eintreten werden, nicht jedoch durch prognostizierte Kostenerhöhungen, die erst in einem halben Jahr virulent werden.

2. Die von dem Gasversorgungsunternehmen vorgenommenen Preiserhöhungen sind nicht bereits dann als billig anzusehen, wenn bei einer Gesamtbetrachtung der angegriffenen Tariferhöhungen der insgesamt dadurch erfolgte Preisanstieg durch einen gleich hohen Anstieg der Bezugskosten während desselben Zeitraums kompensiert wird. Jede Tarifpreiserhöhung ist grundsätzlich für sich an § 315 BGB zu messen und kann nur mit einer seit der letzten Tarifpreiserhöhung angefallenen Steigerung der Gasbezugskosten und gegebenenfalls ergänzend mit einem etwaigen bei der letzten Preiserhöhung nicht ausgeschöpften Anteil der damaligen Bezugskostensteigerung gerechtfertigt werden.

3. Beinhaltet ein allgemeiner Haushaltstarif neben dem Arbeitspreis, durch den lediglich die Bezugkosten abgebildet werden, auch einen verbrauchsunabhängigen Grundpreis, kann eine Steigerung der sonstigen Kosten durch eine Erhöhung des Grundpreises ausgeglichen werden.

 

Normenkette

BGB § 315

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 19.02.2007; Aktenzeichen 21 O 88/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger zu 1, 2, 3, 6, 7, 10, 11, 12 und 13 wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 19.2.2007 geändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Zurückweisung der Klage im Übrigen wird das billige Entgelt, bestehend aus Grund-/Messpreis und Arbeitspreis, für die Gasversorgung wie folgt festgesetzt:

  • bezüglich des Klägers zu 1 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../F. Straße, L., bezüglich des Klägers zu 2 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../G., H., bezüglich des Klägers zu 3 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../K. F., H., bezüglich des Klägers zu 6 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../N. Platz, H., bezüglich der Klägerin zu 7 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../S., L., bezüglich des Klägers zu 10 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../W. Straße, H., bezüglich des Klägers zu 11 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../H., H., und bezüglich des Klägers zu 12 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../L., H., für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.12.2006 auf einen Arbeitspreis von 4,69 Cent/kWh netto (5,44 Cent/kWh brutto) sowie auf einen jährlichen Grundpreis/Messpreis von 148,97 EUR netto (172,82 EUR brutto) und für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 30.4.2007 auf einen Arbeitspreis von 4,69 Cent/kWh (5,58 Cent/kWh brutto) sowie auf einen jährlichen Grundpreis/Messpreis von 148,97 EUR netto (177,27 EUR brutto),
  • bezüglich des Klägers zu 13 an der Abnahmestelle mit der Bezeichnung .../M., H., im Zeitraum vom 1.10.2004 bis 30.9.2005 auf einen Arbeitspreis von 3,72 Cent/kWh netto (4,32 Cent/kWh brutto) sowie auf einen jährlichen Grund-/Messpreis von 124,14 EUR netto (144 EUR brutto), im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.10.2006 auf einen Arbeitspreis von 4,29 Cent/kWh netto (4,98 Cent/kWh brutto) und auf einen jährlichen Grund-/Messpreis von 124,14 EUR netto (144 EUR brutto), im Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.12.2006 auf einen Arbeitspreis von 4,67 Cent/kWh (5,42 Cent/kWh brutto) und auf einen jährlichen Grund-/Messpreis von 124,14 EUR netto (144 EUR brutto) sowie im Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 30.4.2007 auf einen Arbeitspreis von 4,67 Cent/kWh netto (5,56 Cent/kWh brutto) und auf einen jährlichen Grund-/Messpreis von 124,14 EUR netto (147,73 EUR brutto).

Im Übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.

Die Kosten werden wie folgt verteilt:

1. Instanz:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger zu 1, 2, 3, 6, 7, 10, 11 und 12 je 5,36 %, die Kläger zu 4, 5, 8, 9, 13 je 3,57 %, der Kläger zu 14 7,14 % und die Beklagte 32,13 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1, 2, 3, 6, 7, 10, 11 und 12 trägt die Beklagte jeweils 25 %, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 13 50 %. Im Übrigen tragen die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

2. Instanz:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger zu 1, 2, 3, 6, 7, 10, 11 und 12 je 7,5 %, der Kläger zu 13 5 %, der Kläger zu 14 10 % und die Beklagte 25 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1, 2, 3, 6, 7, 10, 11, und 12 trägt die Beklagte jeweils 25 %, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 13 50 %. Im Übrigen tragen die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Siche...

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