Leitsatz (amtlich)

1. Stellen Darlehensvertrag und Restschuldversicherung ein verbundenes Geschäft dar, führt die nach wirksamen Widerruf der Restschuldversicherung eintretende Saldierung kraft Gesetzes nicht zu einem Zahlungsanspruch des an die Stelle des insolventen Kreditnehmers tretenden Treuhänders, da für diesen kein positiver Saldo verbleibt und insolvenzrechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen.

2. Der nach wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages an sich gegebene Anspruch auf Rückgewähr der aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erbrachten Zins und Tilgungsraten ist durch Aufrechnung der Bank mit ihrem Anspruch auf Rückgewähr der Darlehensvaluta in Höhe des nicht zur Finanzierung des verbundenen Geschäfts verwandten Anteils an der Darlehensvaluta erloschen. Der Aufrechnung steht weder die Insolvenz über das Vermögen des Schuldners noch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit entgegen, weil mit einer Masseverbindlichkeit aufgerechnet wird und die Wirkung der Aufrechnung bereits vor der Anzeige beim Insolvenzgericht eingetreten ist.

 

Normenkette

BGB §§ 346, 357 Abs. 1 S. 1, § 358 Abs. 4 S. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 20.07.2010; Aktenzeichen 9 O 97/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.7.2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Lüneburg wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist mit Beschluss des AG Walsrode vom 10.6.2009 (11 IK 72/09) zum Treuhänder über das Vermögen des insolventen K. L. bestellt worden. Der Insolvenzschuldner schloss gemeinsam mit seiner Ehefrau, über deren Vermögen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, am 18.5.2007 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur Beklagte) einen Darlehensvertrag über eine Nettokreditsumme von 23.037,44 EUR (Anlage K 2, Bl. 7 ff. d.A.). Der Versicherungsbeitrag (8.676,30 EUR) für die gleichzeitig abgeschlossene Restschuldversicherung wurde gleichzeitig mit dem Kredit, dessen Gesamtbetrag sich auf 40.429,82 EUR belief, finanziert und der Versicherungsbeitrag von der Beklagten in einer Summe an die Versicherungsgesellschaft gezahlt. Mit Schreiben vom 11.8.2009 (Anlage K 3, Bl. 2 f. d.A.) widerrief der Kläger den Darlehensvertrag und den Restschuldversicherungsvertrag mit dem Hinweis darauf, dass er die Erfüllung der Rückgewährpflichten aus dem Versicherungsverhältnis verlange und zugleich die Erfüllung der Rückgewährpflichten aus dem Darlehensverhältnis ablehne. Der Insolvenzschuldner hat bis zu seiner Zahlungseinstellung auf das Darlehen Ratenzahlungen i.H.v. 4.809 EUR (7 Raten à 687 EUR) geleistet.

Mit Schriftsatz vom 20.12.2010 hat der Kläger die Anzeige der Masseunzulänglichkeit mitgeteilt.

Der Kläger hat behauptet, der Abschluss des Restschuldversicherungsvertrages sei von der Beklagten zur Bedingung für den Abschluss des Darlehensvertrages erhoben worden, weshalb beide Verträge ein verbundenes Geschäft darstellten. Da ein hinreichender Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit auch des Restschuldversicherungsvertrages fehle, sei sein Widerruf nicht durch Fristablauf ausgeschlossen, weil infolge der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung die Frist nicht zu laufen begonnen habe. Der von der Beklagten gezahlte Versicherungsbeitrag sei demnach an ihn zurück zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.676,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.10.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass der Abschluss der Restschuldversicherung Voraussetzung für den Abschluss des Darlehensvertrages gewesen sei. Sie hat gemeint, dies könne ohnedies dahinstehen, da auch bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts keine Rückzahlungspflicht entstünde, weil gegenseitige Ansprüche, kraft Gesetzes verrechnet würden, weshalb ein Saldo zugunsten der Beklagten verbleibe, wobei die Beklagte an die Stelle des Versicherungsunternehmens trete.

Das LG hat die Klage abgewiesen und dabei die Frage dahinstehen lassen, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt, weil aufgrund der mit der dann eintretenden Konsumtion, Konzentration oder Saldierung kraft Gesetzes ohnehin kein Anspruch zugunsten des Insolvenzschuldners verbleibe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Er ist der Auffassung, das LG habe unberücksichtigt gelassen, dass infolge seines Widerrufs, verbunden mit der Ablehnung seiner Rückgewährpflicht aus dem Darlehensvertrag, seitens der Beklagten Ansprüche aus dem Darlehensvertrag gem. § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO nur als...

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