Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 28.11.2013; Aktenzeichen 7 O 61/13)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des am 28.11.2013 verkündeten Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des LG Lüneburg verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftliehen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger zur Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 2, § 543 Abs. 1, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet, nachdem der Kläger seinen ursprünglich gestellten Zahlungsantrag zurückgenommen hat.

Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 28.1.2014 seine Rechtsauffassung wie folgt dargelegt:

"1. Der Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt, obwohl er unbestimmte Rechtsbegriffe enthält. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist grundsätzlich nicht unzulässig. Die Grenze zur Unbestimmtheit ist zwar insbesondere überschritten bei einem Streit der Parteien über die Bedeutung des unbestimmten Rechtsbegriffs im konkreten Fall oder bei fehlender objektiver Kriterien zur Abgrenzung zulässigen und unzulässigen Verhaltens (Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 12 Rz. 2.36, 2.39). Solche Ausnahmefälle sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Insbesondere besteht über die Bedeutung des unbestimmten Rechtsbegriffs "ausdrückliche Einwilligung" kein Streit zwischen den Parteien. Die Abgrenzung kann auch nach objektiven Kriterien vorgenommen werden. Dass im Vollstreckungsfall das Vollstreckungsgericht prüfen müsste, ob eine bestimmte Mail-Adresse. dem Kläger zuzuordnen ist, ist unbedenklich und steht der Bestimmtheit des Klagantrags nicht entgegen. Auch der BGH hat einen im Wesentlichen gleichartigen Antrag für hinreichend bestimmt erachtet (BGH, Urt. v. 12.9.2013 - I ZR 208/12, juris Tz. 13 f.).

2. Die Beklagte hat jedenfalls durch die Zusendung der zweiten Werbe-Mail vom 6.2.2013 (Anlage K 3) in rechtswidrigerWeise in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers eingegriffen, so dass diesem ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zusteht.

a) Bereits die einmalige unverlangte Zusendung einer E-Mail mit werblichem Inhalt an ein Unternehmen - zu dem auch eine Rechtsanwaltskanzlei zählt - stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, der nicht i.S.d. § 3 UWG unerheblich ist, eine unzumutbare Belästigung i.S.d. § 7 UWG darstellt und damit nach der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen rechtswidrig ist (vgl. im Einzelnen: BGH, Urt. v. 12.9.2013, a.a.O., Tz. 15, 20 ff.; Urt. v. 20.5.2009 - i ZR 218/07, juris Tz. 11).

Ob bereits die Zusendung der ersten Werbe-Mail am 30.1.2013 (Anlage K 1) ohne Zustimmung des Klägers erfolgte und damit rechtswidrig in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingriff, kann offen bleiben. Unerheblich ist daher, ob der Kläger - wie von der Beklagten behauptet - eine Bestellung mit seiner E-Mail-Adresse auf den Namen einer Kollegin vorgenommen haben sollte, so dass die Werbung unter Verwendung elektronischer Post - zunächst - nach § 7 Abs. 3 UWG keine unzumutbare Belästigung dargestellt haben mag. Jedenfalls nachdem er durch E-Mail vom 31.1.2013 (Anlage K 2) der weiteren Zusendung von Werbung widersprochen hatte, fehlte es an einer Einwilligung für die Zusendung der weiteren Werbe-Mail.

b) Die hierdurch indizierte Wiederholungsgefahr ist nicht durch die von dem Beklagten am 12.2.2013 abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung weggefallen. Diese Unterlassungserklärung war auf die Zusendung von Werbung an die in dem konkreten vorangegangenen Verstoß betroffene E-Mail-Adresse ... beschränkt und entgegen der Auffassung des LG nicht dahingehend auszulegen, dass sie auch die Zusendung von Werbe-Mails an andere Mail-Adressen des Klägers erfasste. Sie ließ daher die Wiederholungsgefahr nur hinsichtlich der konkreten Verletzungsform entfallen. Die Wiederholungsgefahr blieb indessen hinsichtlich der kerngleichen Verletzungsformen bestehen mit der Folge, dass der Gläubiger seinen Anspruch insofern noch gerichtlich durchsetzen kann (vgl. zu Letzterem: Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, § 12 Rz. 1.102b, 1.123).

aa) Der Unterlassungsanspruch umfasst nicht nur die konkrete Verletzungshandlung, sondern auch im Kern gleichartige Handlungen. Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist daher nicht auf ein Verbot der Versendung von E-Mails an diejenige E-Mail-Adresse beschränkt, an die die Beklagte bislang E-Mails versandt hat, sondern umfasst auch weitere beliebige E-Mail-Adressen des Kläge...

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