Verfahrensgang

LG Stade (Aktenzeichen 6 O 59/19)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.12.2020; Aktenzeichen VI ZR 19/20)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5. Juli 2019 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer/Einzelrichter des Landgerichts Stade teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an das klagende Land 4.389,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2018 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem klagenden Land auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das klagende Land (nachfolgend: Kläger) nimmt den Beklagten auf Schadensersatz und Feststellung nach einer Verletzung des beim Kläger beschäftigten Polizeihauptkommissars D. N. in Anspruch.

Am 22. November 2015 kam es zwischen dem stark alkoholisierten Beklagten und anderen Gästen in einer Cocktailbar zu verbalen und tätlichen Auseinandersetzungen. Nach einem Notruf erschienen laut Polizeibericht (Blatt 15ff. der Beiakte 4b Ds 121 Js 4314/16 StA Stade) zunächst Polizeihauptkommissar N. und Polizeikommissar K. und nahezu zeitgleich Polizeikommissar K. und Polizeikommissar G. am Einsatzort. PHK N. sprach dem Beklagten und einem weiteren Beteiligten einen Platzverweis für den Abend aus, dem beide zunächst nicht nachkamen. Der Beklagte war nach dem Polizeibericht wenig kooperativ und beschimpfte bereits zu diesem Zeitpunkt die eingesetzten Beamten lautstark. Nachdem sich der Beklagte bis auf ca. 20 m von dem Lokal entfernt hatte, näherte er sich wieder, sobald sich die eingesetzten Beamten wieder zu ihren Streifenwagen begaben. Beide "Streitlager", also der Beklagte und sein Freund einerseits und eine Gruppe anderer Gäste andererseits, waren mit dem polizeilichen Einschreiten unzufrieden, weil es aus ihrer Sicht zu zögerlich war. Der Beklagte versuchte zwischenzeitlich über den Notruf, weitere Polizisten zum Einsatzort zu ordern.

Nachdem der Beklagte dem Platzverweis nicht nachkam, auch nicht nach Androhung unmittelbaren Zwangs, hat Polizeikommissar K. den Beklagten mittels Kopfsteuerungsgriffs zu Boden gebracht. Dabei habe der Beklagte wild um sich geschlagen und getreten und PHK N. an der rechten Hand verletzt.

Nach dem Bericht des PHK N. (Blatt 25 ff. der Beiakte) war der Beklagte augenscheinlich stark alkoholisiert, aggressiv und völlig unkooperativ und erhielt mehrere Aufforderungen, sich zu zügeln/zurückzuhalten, denen er in keiner Weise nachkam, sondern aggressiv wurde und die eingesetzten Polizeibeamten beleidigte. Dem Platzverweis kamen der Beklagte und sein Freund zunächst nicht, dann zögerlich nach. Der Platzverweis sei durch "Wegschieben" verdeutlicht worden, beide hätten sich aber umgehend wieder genährt, sodass der Platzverweis erneut durch "Wegschieben/Handauflegen" habe durchgesetzt werden müssen. Dieses "Spiel" habe sich mehrfach wiederholt. Die Androhung, den ausgesprochenen Platzverweis nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen, habe der Beklagte völlig ignoriert. Er, PHK N., habe dem Beklagten erklärt, dass er nun in Gewahrsam genommen werde und habe versucht, den rechten Arm zu ergreifen. Zeitgleich habe PK K. versucht, den linken Arm zu fassen. Der Beklagte habe nun um sich geschlagen und seine, des PHK N., rechte Hand/den Daumen getroffen. Der Beklagte habe weiterhin um sich getreten und vehement versucht, sich zu entziehen. Erst nach dem Eingreifen durch PK K. habe er zu Boden gebracht werden können. Auch hier habe er weiterhin versucht, sich aus dem Polizeigriff zu zerren/reißen/winden. Er habe die Polizeibeamten beleidigt und sich weiterhin den Anordnungen widersetzt. Auch auf der Polizeidienststelle habe er durch alle anwesenden Polizeibeamten wieder zu Boden gebracht werden müssen, damit der Arzt die Blutprobe habe entnehmen können.

Der Beklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Geestland wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung angewiesen, für die Dauer von vier Monaten an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen und eine Geldbuße von 300 EUR zu zahlen (Blatt 111 ff. der Beiakte 4b Ds 121 Js 4314/16 StA Stade).

Nach dem Bericht des Dr. W. vom 22. November 2015 (Anlage K2, Anlagenhefter) zog sich der Polizeibeamte bei der Widerstandshandlung des Beklagten eine Distorsion des rechten Daumens zu, nach einer Untersuchung mittels MRT wurde am 2. Dezember 2015 eine Zerrung des ulnaren Seitenbandes und eine Partialruptur des Kapselapparates am Daumengrundgelenk ulnarseitig festgestellt (A...

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