Leitsatz (amtlich)

Hat eine natürliche Person den veräußerten Gebrauchtwagen sowohl privat als auch für ihr (nebengewerbliches) Unternehmen genutzt (dual use), so ist entscheidend für die Einordnung als Verbrauchsgüterkauf im Sinn von § 474 f. BGB, welche Benutzung überwiegt.

 

Verfahrensgang

LG Bückeburg (Urteil vom 08.01.2004; Aktenzeichen 1 O 189/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 8.1.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Bückeburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer: über 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz nach Gebrauchtwagenkauf.

Die Beklagte bot im Internet einen Mercedes-Benz SL 230 Pagode, EZ: 09/63 zum Verkauf an. In der Beschreibung des Fahrzeuges hieß es u.a.:

"Motor erneuert, seitdem nur 2.000 km ... sammlergepflegt, 8.000 DM an Restaurierung in den letzten 3 Jahren."

Dieses Fahrzeug hatte die Beklagte gem. Rechnung des Autohauses B. GmbH vom 8.1.1999 seinerzeit für 30.000 DM erworben und hieran verschiedene Reparatur- und Restaurierungsarbeiten durchführen lassen (z.B. neues Stoffverdeck, Anlasser, neue Reifen, Kurbelwelle, Hauptlager, Pleuellager, Batterie, Wasserpumpe, Bremskraftverstärker).

Durch schriftlichen Kaufvertrag vom 23.7.2002 veräußerte die Beklagte dieses Fahrzeug zum Preis von 19.990 Euro an den Kläger unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung mit folgendem handschriftlichen Zusatz unter Ziff. 9. "sonstige Bemerkungen und technische Angaben":

"Motor komplett überarbeitet im Juni 2000, Zustand laut Gutachten vom 22.7.2002, Reparaturen laut Anlagen 1-14, Historie vor 1999 nicht bekannt, kein Ersatzrad".

Der Kläger erhielt die vorgenannten Rechnungen sowie das Wertgutachten (Bl. 36 f. d.A.) ausgehändigt.

Der Kläger blieb im August 2002 mit dem Fahrzeug liegen und ließ es überprüfen. Er leitete sodann ein selbstständiges Beweisverfahren (LG Bückeburg - 1 OH 11/02) ein. Dort erstattete der Sachverständige L. ein Gutachten, in dem er u.a. ausführte, der in dem Fahrzeug befindliche Motor gehöre seiner Bauart nach nicht zu dem streitbefangenen Fahrzeugtyp "230 SL".

Das Fahrzeug weise im Bereich aller 6 Kolben und Zylinderlaufbahn unterschiedliche starke Merkmale von Kolbenfressern auf. Der Sachverständige führte aus, er gehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass diese Schäden bereits bei der Übernahme des Fahrzeuges am 23.7.2002 vorgelegen hätten. Zum Zeitpunkt seiner Besichtigung hatte der Kläger in etwa 7 1/2 Monaten 4.050 km mit dem Fahrzeug zurückgelegt. Der Sachverständige führte ferner aus, dem Kühlkreislauf sei ein sog. Kühldichtmittel zugeführt worden, das dazu gedacht sei, kleinere Undichtigkeiten im System zu verschließen, das aber andererseits dazu führe, dass sich feine Düsen und Leitungen zusetzten, sodass es schließlich zu einer örtlichen Überhitzung komme (Bl. 97 d.BA).

Der Kläger hat behauptet, dieses Kühldichtmittel habe die Beklagte in das Kühlsystem eingefüllt, um dessen Undichtigkeit zu kaschieren.

Auch ihre Angaben zur Erneuerung bzw. Überholung des Motors seien falsch.

Er hat folgende Schadenspositionen geltend gemacht:

Ersatzmotor 9.904,73 Euro

Einbau des Motors 986,00 Euro

Abschleppkosten 116,00 Euro

Unterstellkosten 928,00 Euro

Nutzungsausfall vom 9.8.2000-30.6.2003 10.725,00 Euro

Oldtimerschutzbrief 20,00 Euro

Kfz-Steuer 91,00 Euro

Versicherung 213,44 Euro

Pauschale 50,00 Euro

23.134,17 Euro.

Die Beklagte hat darauf verwiesen, sie habe den Motor tatsächlich im Jahr 2000 überholen lassen. Im Übrigen hat sie sich auf den im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen und darauf verwiesen, dem Kläger seien aus dem in dem Kaufvertrag in Bezug genommenen Wertgutachten Mängel am Motor und Getriebe bekannt gewesen sowie weitere Mängel des Fahrzeuges. Der vereinbarte Kaufpreis entspreche dem Schätzwert dieser Fahrzeugbewertung, die - unstreitig - einen Gesamtzustand 3 bescheinigt habe.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat zunächst auf den zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschluss abgestellt und ausgeführt, die Beklagte hafte auch nicht wegen falscher Zusicherung oder arglistiger Täuschung. Aus den Gesamtumständen, d.h. den Angaben der Beklagten im Kaufvertrag sowie den in Bezug genommenen Urkunden (Wertgutachten und Rechnungen) habe sich für den Kläger in hinreichendem Maße der Umfang der am Fahrzeug durchgeführten Arbeiten ergeben. Danach sei es nicht zu einer Generalüberholung des Motors gekommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der den Gewährleistungsausschluss in dem Kaufvertrag vom 23.7.2002 für unwirksam hält, weil es sich bei dem streitbefang...

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