Verfahrensgang

LG Stade (Entscheidung vom 04.11.1986; Aktenzeichen 6 O 99/85)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 4. November 1986 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin spielte am 17. Februar 1984 gegen 17.00 Uhr auf dem Spielplatz der Beklagten in der Wohnanlage II. Bauabschnitt in T., T.. Zu diesem Spielplatz gehört eine ca. 1,70 m hohe Rutsche, deren Aufgang sich außerhalb eines Sandkastens befindet und die in einen Sandkasten einläuft. Zur Begrenzung des Sandkastens dienen Holzbohlen, die etwa 14 cm hoch aus dem Erdreich hervorragen und im rechten Winkel zur Rutschfläche unter der Rutsche hindurchlaufen. Die Klägerin hat behauptet, sie sei von der Rutsche auf die Holzbohlen gestürzt. Sie entwickelte ein stumpfes Bauchtrauma mit Verletzung der Niere, worauf die Niere in der darauffolgenden Nacht entfernt werden mußte. Zwei große Operationsnarben, eine im Nierenbereich und eine quer über dem Bauch sind zurückgeblieben.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe gegen ihre Verkehrssicherungspflicht dadurch verstoßen, daß sie unter der Rutsche aus dem Boden herausragende Holzbalken angebracht habe.

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 25.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.7.1984 zu zahlen und festzustellen, daß die Beklagten für alle Schäden aus dem Unfall vom 17. Februar 1984 in Tostedt haften.

Die Beklagten haben schon die Klage für unzulässig gehalten, da diese nicht die einzelnen Wohnungseigentümer als Beklagte aufführe. Auch haben sie bestritten, daß die Klägerin von der Rutsche gestürzt sei. Jedenfalls sei die Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt worden. Die Rutsche sei ordnungsgemäß und ausreichend sicher aufgestellt worden. Schließlich treffe die Eltern der Klägerin ein Mitverschulden, das sich die Klägerin anrechnen lassen müsse.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese wiederholen ihr Vorbringen erster Instanz und rügen die Beweiswürdigung des Landgerichts. Das Landgericht habe auf die Aussage der minderjährigen Zeugin S. S. nicht ohne sachverständige Beratung der Klage stattgeben dürfen. Die Zeugin habe auf Befragen ihrer Eltern immer wieder etwas anderes gesagt, so daß die Eltern schließlich an Phantasien ihrer Tochter geglaubt hätten. Jedenfalls aber fehle es an einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte, denn die Rutsche sei als solche nicht zu beanstanden gewesen.

Sie beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Im übrigen haben die Parteien nach Maßgabe der gewechselten Schriftsätze verhandelt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Klage ist in ihrer erhobenen Form zulässig; insbesondere sind die Anträge gegen die so bezeichneten Beklagten nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es ausreichend, daß die als Gesamtschuldner beklagten einzelnen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft, die als solche weder rechts- noch parteifähig ist, durch den Hinweis auf den Grundbucheintrag objektiv bestimmbar sind. Damit ist die nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Benennung der beklagten Partei erfolgt (BGH NJW 77, 1686).

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagten haben die ihnen zur Last fallende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt, § 823 Abs. 1 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung hat derjenige, der den Verkehr auf einem Grundstück eröffnet, dafür Sorge zu tragen, daß die damit verbundenen Gefahren sich nicht verwirklichen. Zu diesem Zweck hat er die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen. Allgemein gilt für die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht auf Spielplätzen, daß die Benutzer vor solchen Gefahren geschützt werden müssen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen und nicht ohne weiteres vorhersehbar und erkennbar sind (BGH VersR 78, 739). Für das Maß der Vorhersehbarkeit und Erkennbarkeit ist dabei die niedere oder sogar fehlende Einsichtsfähigkeit der kindlichen Benutzer entscheidend. In der Rechtsprechung ist davon die Rede, daß sogar eine aufpralldämpfende Beschaffenheit der Sandaufschüttungen unter absturzgefährdenden Spielgeräten notwendig sei (OLG Koblenz VersR 80, 1051). Es braucht hier nicht die Frage entschieden zu werden, ob der Verkehrssicherungspflichtige bei Spielgeräten, bei denen die Gefahr des Abstürzens besteht, dafür Sorge tragen muß, daß der Boden in ihrem Umkreis überall aufpralldämpfend beschaffen ist. Dafür spräche, daß ein Fehlverhalten von Kindern, das erfahrungsgemäß vorkommen kann, grundsätzlich vorhersehbar ist. Es liegt durchaus im Bereich der Lebenserfahrung, daß ein Kind von einer Rutsche abstürzen kann.

Jedenfalls ist es mit der Pflicht der Beklagten, den Spielpla...

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