Leitsatz (amtlich)

1. Ein Makler, der in sein Exposé die Angabe aufnimmt „Das Dach ist vor 1/2 Jahr erneuert worden”, aber bei eigener Besichtigung des Hauses festgestellt hatte, dass das Dach zwei Leckagen aufwies, verwirkt seinen Provisionsanspruch gegen den Erwerber.

2. Kennt der Makler einen bestehenden Reparaturbedarf, verletzt er mit der Nichterwähnung dieses Umstandes die ihm ggü. dem Erwerber obliegende Treuepflicht in einer zumindest dem Vorsatz gleichkommenden Weise.

3. Der Verlust der Provision scheidet auch nicht dann aus, wenn feststeht, dass der Erwerber bei Unterzeichnung des Kaufvertrages von einer Schadstelle im Dach aus anderer Quelle Kenntnis hatte.

 

Normenkette

BGB § 652 ff., § 654

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Aktenzeichen 9 O 134/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 7.5.2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten zu 1), an den Kläger wegen des Erwerbs eines Mehrfamilienhauses mit 10 Wohneinheiten eine Courtage von gut 17.000 Euro zu zahlen.

Das LG hat die gegen den Ehemann der Beklagten zu 1) gerichtete Klage abgewiesen. Die Beklagte zu 1) hat es zunächst antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf deren Berufung hat das OLG das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im neuen landgerichtlichen Verfahren hat das LG Beweis erhoben durch Vernehmung des Klägers als Partei sowie des Verkäufers des Hauses. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.4.2002 (Bl. 207 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die Klage sodann abgewiesen. Es hat gemeint, der Kläger habe seinen Courtageanspruch verwirkt, da er im bloßen eigenen Courtage-Interesse zum Nachteil der Beklagten im Exposé falsche Angaben hinsichtlich der Eindeckung des Daches gemacht habe. Fälschlich habe der Kläger angegeben, das Dach des Hauses sei vor einem halben Jahr erneuert worden, obwohl er hierüber weder verlässliche Auskünfte bekommen habe, noch aufgrund eigener sachkundiger Prüfung eine Erneuerung habe feststellen können.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Er meint, das LG habe die festgestellten Tatsachen nicht zutreffend gewürdigt. Eine Verwirkung des Maklerlohnes setze ein schweres Verschulden des Maklers voraus. Hieran fehle es im Streitfall. Die falschen Angaben im Exposé seien nicht ausreichend, um dem Kläger eine Verletzung einer Aufklärungspflicht anzulasten. Die Aussage des Klägers im Exposé, wonach das Dach erneuert worden sei, sei grundsätzlich zutreffend, denn die im Dach durchgeführten Reparaturmaßnahmen seien als „Erneuerungen” zu werten.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.199,86? nebst 6 % Zinsen seit dem 14.4.2000 bis zum 26.11.2001 und nebst 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleistungsgesetz seit dem 27.11.2001 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) beantragt, die klägerische Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) erweitert und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des Sach- und Streitstandes i.Ü. wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Kläger dringt mit seiner nur gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Berufung nicht durch. Zutreffend hat das LG angenommen, der Kläger habe seinen Provisionsanspruch verwirkt. Über den Wortlaut des § 654 BGB hinaus nimmt die Rspr. stets an, dass der Makler seinen Provisionsanspruch verwirkt, wenn ihm eine schwer wiegende Verletzung der Treuepflicht zur Last fällt, die er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden Weise leichtfertig den Interessen des Auftraggebers zuwider begangen hat. Zu Recht hat das LG diese Voraussetzungen im Streitfall als gegeben angesehen. Der Kläger hatte in seinem Exposé unter dem Stichwort Ausstattung, wo sich insgesamt nur zwei Zeilen finden, als zentralen Satz aufgenommen:

„Das Dach ist vor 1/2 Jahr erneuert worden.”

Bei seiner Vernehmung vor dem LG am 16.4.2002 hat er u.a. gesagt:

„Herr … [Anm.: der Verkäufer des Gebäudes] hat zu mir gesagt, das Dach sei vor einem halben Jahr erneuert worden. Selbstverständlich habe ich mir daraufhin das Dach auch angesehen. Ich habe festgestellt, dass es hinsichtlich der Dachhaut erneuert war. Das war so, dass letztendlich die Schindeln erneuert waren, d.h. dort waren Reparaturen durchgeführt und Ausbesserungsarbeiten vorgenommen.

Richtig ist, dass der Dachstuhl nicht neu war.

Wenn ich das noch einmal erläutern soll, dann würde ich dazu sagen, dass es hier keine ebene Dachfläche gab und deshalb ist das nicht so auf den ersten Blick wie ein vollständig e...

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