Leitsatz (amtlich)

Zur Anrechnung „neu für alt” bei Beschädigung einer Lichtsignalanlage.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 823

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 16 O 5187/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.3.2002 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer: 9.589,30 Euro

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Insb. hat sie sie – entgegen der Auffassung der Beklagten – ordnungsgemäß i.S.d. §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 3, 529 Nr. 1 ZPO begründet. Die Klägerin hat ausführlich dargelegt, warum sie die vom LG festgestellten Tatsachen zur Schadensberechnung für unrichtig hält.

Die Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Weiterer Schadensersatz als in dem von der Beklagten gezahlten und dem vom LG ausgeurteiltem Umfang steht ihr nicht zu. Die Klägerin muss sich im Rahmen der so genannten Vorteilsausgleichung einen 'Abzug neu für alt' anrechnen lassen. Infolge des Unfalles und der Beschädigung der Lichtsignalanlage konnte die Klägerin ein 12 Jahre altes Steuerungsgerät durch ein neues ersetzen. Der Ersatz einer gebrauchten Sache durch eine neue führt auch bei dem Einbau von Einzelteilen regelmäßig zu einer Werterhöhung, die vom Schadensersatzanspruch als 'Abzug neu für alt' abzusetzen ist, wenn die Schadensbeseitigung eine messbare Vermögensmehrung bewirkt hat, sich die Werterhöhung für den Geschädigten wirtschaftlich günstig auswirkt und die Vorteilsausgleichung dem Geschädigten zumutbar ist (Palandt, BGB, 62. Aufl., Bearbeiter Heinrichs Vorb. v. § 249 Rz. 146; BGHZ 81, 275; BGHZ 10, 108). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass die beschädigte Lichtsignalanlage gem. § 1 Abs. 4 Nr. 3 Fernstraßengesetz als Zubehör zu den Bundesfernstraßen gehört. Nach dieser Vorschrift sind Zubehör die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung. Gleichwohl ist nicht auf den Wert des Straßenkörpers insgesamt abzustellen, sondern allein auf den Wert des Steuerungsgerätes und seiner Bedeutung für die Funktionstüchtigkeit der Lichtsignalanlage. Dieses Zubehör hat vorliegend einen eigenen wirtschaftlichen Wert, der durch das Schadensereignis beeinträchtigt worden ist. Zubehör sind nämlich rechtlich selbstständige bewegliche Sachen, die sonderrechtsfähig sind (Palandt/Heinrichs, § 97 Rz. 1). Im Falle seiner Beschädigung erstreckt sich sein Wert nicht ausschließlich auf den Sachzusammenhang, mit dem es eine wirtschaftliche Einheit bildet. Die Lichtsignalanlage könnte nämlich von dem Straßenkörper getrennt und selbstständig veräußert werden. Sie hat einen von dem Straßenkörper unabhängigen Wert. Anderenfalls wäre die Klage im Übrigen bereits unschlüssig. Die Klägerin müsste sich dann nämlich fragen lassen, inwiefern ihr der geltend gemachte Schaden – bezogen auf den gesamten Straßenkörper in der Bundesrepublik Deutschland – durch die Beschädigung einer einzigen Lichtsignalanlage entstanden sein könnte.

Die Höhe des „Abzugs neu für alt” (und die Frage der Vermögensmehrung durch den Ersatz) ist nach der Relation der Nutzungsdauer des alten und des neuen Gegenstandes zu bemessen (BGHZ 30, 33). Dabei sind die schadensbedingten Erhöhungen der Wiederherstellungskosten nicht zu berücksichtigen; abzustellen ist vielmehr auf die sonst üblichen Herstellungskosten (BGH v. 30.6.1997 – II ZR 186/96, MDR 1997, 938 = NJW 1997, 2879 [2880]). Im Rahmen eines üblichen Erwerbs eines Steuerungsgerätes mittels einer öffentlichen Ausschreibung wären Beschaffungskosten von 20.000 DM bis 25.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer angefallen. Hiervon gehen sowohl die Klägerin als auch der von der Beklagten beauftragte Sachverständige … aus. Da sich die Beklagte zur Berechnung des erstattungsfähigen Schadens auf dessen Gutachten vom 9.3.1998 stützt, gesteht sie diesen Preis ein. Folglich ist von einem (mittleren) Neuanschaffungspreis des Steuerungsgerätes von 25.000,– DM brutto auszugehen.

Der Zeitwert kann entgegen der Ausführungen der Klägerin nur ermittelt werden auf der Basis des damaligen Anschaffungswertes. Der von dem Sachverständigen … veranschlagte und vom LG übernommene Wert von 21.280 DM ist deshalb falsch, weil er den Wert der Anlage in der Zukunft, nämlich im Jahre 2005, darstellt. Abzustellen ist aber auf den Neuanschaffungswert abzüglich des Wertverlustes, den er im Laufe seiner Lebenszeit bis zum Schadensereignis erfahren hat. Unstreitig war das beschädigte Steuerungsgerät zum Unfallzeitpunkt 12 Jahre alt. Unstreitig hatte es eine durchschnittliche Lebenserwartung von 25 Jahren. Es hätte ohne das Unfallereignis also noch 13 Jahre lang eingesetzt werden ...

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