Leitsatz (amtlich)

1. Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages einen Mietzins, der in Nettobetrag und Mehrwertsteuer aufgeteilt ist, und stellt sich anschließend entgegen der Ansicht beider Parteien heraus, dass die Voraussetzungen für einen Verzicht von der Befreiung der Umsatzsteuer für die Vermietung gewerblich genutzter Gebäude (§ 9 UStG) nicht vorliegen, kann der Vermieter nicht nach den Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung verlangen, dass der Mieter den ursprünglich vereinbarten Bruttomietzins nunmehr als Nettomietzins zu entrichten hat.

2. Steuerrechtliche Vorstellungen beider Vertragsparteien können nur dann zu einer Vertragsanpassung nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage führen, wenn die Partei, deren Erwartungen nicht erfüllt werden, bei Vertragsschluss deutlich macht, welche besonderen steuerlichen Ziele sie mit ihrem Vertrag verfolgt.

 

Normenkette

BGB §§ 535, 812

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 13.10.1999; Aktenzeichen 14 O 131/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13. Oktober 1999 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert.

Die Widerklage wird wegen eines weiteren Teilbetrages von 3.893,36 DM abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 135.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird gestattet, Sicherheit auch durch die unwiderrufliche unbefristete unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört oder einer öffentlichen Sparkasse oder Spar- und Darlehenskasse zu leisten.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Zustimmung des Beklagten zur Korrektur eines von der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossenen Mietvertrags vom 24. Mai 1991 sowie restliche Mietzinszahlungen. Mit der Widerklage verlangte der Beklagte die Rückzahlung der von ihm an die Klägerin gezahlten Mehrwertsteuer auf die Nettomiete sowie die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, der Klägerin Verwaltergebühren zu erstatten.

Am 24. Mai 1991 schloss der Beklagte, ein gemeinnütziger Verein, mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der … einen Mietvertrag über Gewerberäume in …, …, für eine feste Mietzeit von 10 Jahren ab dem 1. März 1992. Gemäß § 1 wurden die dort näher bezeichneten Flächen zur gewerblichen Nutzung vermietet. Gemäß § 2 sollte der Mieter berechtigt und verpflichtet sein, die gemieteten Flächen für Büro- und Verwaltungszwecke zu nutzen. In § 6 Abs. 1 führten die Parteien unter Ziff. 1 und 2 die Mietzinsen für die in § 1 im Einzelnen bezeichneten Flächen mit 13.140 DM, 450 DM, 918 DM und 400 DM sowie unter Ziff. 3 den Betrag der Heiz- und sonstigen Betriebskostenvorauszahlung mit 2.642,50 DM auf. Ziff. 4 enthält den Betrag der Zwischensumme mit netto 17.550,50 DM. Als Ziff. 5 ist mit dem Zusatz ‚Mehrwertsteuer z. Zt. 14 %’ ein Betrag von 2.457,07 DM ausgewiesen. Ziff. 6 enthält den Gesamtbetrag von monatlich brutto 20.007,57 DM.

Die in § 6 Ziff. 7 des Mietvertrages enthaltene Wertsicherungsklausel wurde von der Landeszentralbank Niedersachsen am 23. April 1992 genehmigt.

Mit Grundstückskaufvertrag vom 22. Mai 1992 veräußerte die … das Grundstück … an die Klägerin, wobei als Zeitpunkt für den Übergang der Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Mietverhältnis mit dem Beklagten der 26. Juni 1992 vereinbart wurde.

Seit dem 1. Januar 1993 beträgt der Gesamtbetrag der Nettomiete 16.012,68 DM, sodass sich unter Berücksichtigung der Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 2.642,50 DM ein Gesamtnettobetrag von 18.655,18 DM ergibt und unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer von 15 % ein Gesamtbruttobetrag von 21.453,46 DM. Mit Schreiben ihrer Verwaltungsgesellschaft vom 6. Oktober 1995 verlangt die Klägerin von dem Beklagten eine weitere Mieterhöhung ab 1. Juli 1995 auf netto 17.155,99 DM.

Unter Berücksichtigung der Nebenkostenvorauszahlung ergibt sich daraus ein Nettobetrag von 19.798,49 DM und zuzüglich der Mehrwertsteuer von seinerzeit 15 % ein Gesamtbetrag von monatlich 22.768,26 DM.

Der Beklagte reduzierte für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis 31. Oktober 1995, also für vier Monate, die einzelnen Monatsmieten von brutto 22.768,26 DM jeweils um den Differenzbetrag aus der von der Klägerin ab dem 1. Juli 1995 begehrten monatlichen Bruttomiete in Höhe von 22.768,26 DM und der Bruttomiete aus der Zeit vor der Erhöhung in Höhe von 21.453,46 DM, also um einen monatlichen Betrag von 1.341,80 DM. Mit Sc...

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