Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung des Verfahrenswertes: Beschwerderecht bei vorläufiger Wertfestsetzung. Verfahrenswert bei wechselseitigen Zugewinnausgleichsansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die vorläufige Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG besteht für den Verfahrensbevollmächtigten eines Beteiligten kein Beschwerderecht.

2. Wird wechselseitig Zugewinnausgleich beantragt, ist von Gegenstandsverschiedenheit auszugehen und eine Wertaddition vorzunehmen.

 

Normenkette

FamGKG §§ 39, 55; GKG § 63; RVG § 32

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 30.08.2010; Aktenzeichen 602 F 341/07)

 

Tenor

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten betreiben aufgrund eines am 18.1.2007 beim AG eingegangenen Antrages der Ehefrau ein Scheidungsverfahren. Zum Zeitpunkt des Antragseinganges verfügten die Antragstellerin über ein Nettoeinkommen i.H.v. 5.000 EUR monatlich und der Antragsgegner über ein solches i.H.v. 2.000 EUR monatlich. Im Versorgungsausgleichsverfahren sind bislang drei auszugleichende Anrechte bekannt geworden. Im Verbund nimmt der Antragsgegner im Wege eines Stufenantrages die Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch, wobei er mit Schriftsatz vom 20.10.2008 (Bl. 26 UAUE) beantragt hat, dass die Antragstellerin zusätzlich verurteilt werden soll, den sich nach der Auskunfterteilung ergebenden nachehelichen Unterhalt, mindestens monatlich 100 EUR, an ihn zu zahlen. Schließlich hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 4.4.2007 beantragt, die Antragstellerin zur Auskunfterteilung über ihr Endvermögen und zur Zahlung des sich aus der Auskunfterteilung ergebenden Zugewinnausgleichanspruchs zu verurteilen. Nach entsprechender Auskunfterteilung hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19.7.2007 beantragt, die Antragstellerin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu verurteilen. Sodann hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2.8.2007 die Antragstellerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs i.H.v. 50.000 EUR "in Form einer Teilklage" in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 30.11.2007 hat der Antragsgegner weiterhin die Verurteilung der Antragstellerin zur Auskunfterteilung über den Verbleib von Geldern i.H.v. 103.712,28 EUR begehrt. Die Antragstellerin wiederum nimmt den Antragsgegner auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs i.H.v. 35.518,29 EUR in Anspruch.

Das AG hat den Gegenstandswert für das Verfahren nach Versagung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 30.8.2010 vorläufig auf 73.500 EUR (Ehescheidung 21.000 EUR; Versorgungsausgleich 2.000 EUR; Auskunftsstufe Ehegattenunterhalt 500 EUR; Zugewinnausgleich 50.000 EUR) festgesetzt.

Dagegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners mit seiner Beschwerde. Er vermisse die Festsetzung zur Auskunftsklage bezüglich des Verbleibs eines Betrages i.H.v. 103.712,28 EUR. Ein Viertel davon müsste bezüglich des Zugewinns mit aufgenommen werden. Außerdem sei der Antrag der Antragstellerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs i.H.v. 39.518,29 EUR nicht berücksichtigt worden.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Beschluss vom 21.9.2010 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ist nicht zulässig.

Gemäß Art. 111 Abs. 5 FGGRG ist für das vorliegende Verfahren nunmehr das zum 1.9.2009 in Kraft getretene Verfahrensrecht anwendbar, weil bis zum 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung über den Versorgungsausgleich und mit diesem im Verbund stehende Scheidungs- und sonstige Folgesachen erlassen worden ist. Damit richtet sich die Wertfestsetzung nach dem FamGKG.

Das AG hat den Gegenstandswert am 30.8.2010 - zu diesem Zeitpunkt noch nach § 63 Abs. 1 S. 1 GKG - vorläufig zur Berechnung der vorzuschießenden Gerichtsgebühren festgesetzt. § 63 Abs. 1 GKG ist unter Übernahme der im FamFG von der ZPO abweichenden Formalbezeichnungen inhaltsgleich in § 55 Abs. 1 FamGKG übernommen worden, so dass die zu § 63 Abs. 1 GKG entwickelte obergerichtliche Rechtsprechung auch auf § 55 Abs. 1 FamGKG Anwendung findet.

Die herrschende obergerichtliche Rechtsprechung hält die Beschwerde eines Verfahrensbevollmächtigten einer Partei gegen eine vorläufige Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 63 Abs. 1 S. 1 GKG für unzulässig, weil es an einer beschwerdefähigen Entscheidung fehle. Die Beschwerde des § 68 GKG (entsprechend § 59 FamGKG) regele ausschließlich die Beschwerde gegen die endgültige Gegenstandswertfestsetzung gem. § 63 Abs. 2 GKG. Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Beschwerde nach § 68 Abs. 2 GKG sei demnach ein endgültiger Wertfestsetzungsbeschluss i.S.d. § 63 Abs. 2 GKG. Nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren aber erst dann endgültig fest, wenn eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat (vgl. OLG Frankfurt, AGS 2007, 256 ff.; Thüringer OVG, AGS 2007...

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