Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 08.12.2015; Aktenzeichen 26 O 56/15)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 8.12.2015 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Hannover ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, zu diesem Beschluss binnen drei Wochen seit seiner Zustellung schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

3. Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zu 20.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Vorstandsbestellung.

Mit Beschluss vom 19.9.2013 bestellte der Aufsichtsrat der Beklagten den Kläger für die Dauer von fünf Jahren zum Vorstand der Beklagten (Anlage K 2, Anlagenband Kläger). Gegenstand des beklagten Unternehmens sind ausschließlich die Anlage und Verwaltung eigener Mittel (Satzung Anlage K 1). Alleinaktionär der Unternehmensaktien ist Herr X. Y., der bei Bestellung des Klägers Prokurist der Beklagten war und im Juli 2015 zum Vorstandsmitglied bestellt wurde (Anlage K 7).

Unter dem 18.8.2015 fasste der Aufsichtsrat der Beklagten den Beschluss, die Vorstandsbestellung des Klägers mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund gem. § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG zu widerrufen (Anlage B 5, Anlagenhefter), und machte ihn dem Kläger zeitnah bekannt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der ihm gegenüber ausgesprochene Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung habe auf offenbar unsachlichen Gründen beruht und sei deshalb wirkungslos.

Die Klage, gerichtet auf die Erklärung der Unwirksamkeit des Widerrufs der Bestellung des Klägers zum Vorstandsmitglied, hat das LG mit am 8.12.2015 verkündetem Urteil zurückgewiesen. Die Abberufung wegen Vertrauensentzugs fuße nicht auf offenbar unsachlichen Gründen.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlich gestellten Klagantrags. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt (Bl. 112), das angefochtene Urteil abzuändern und den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorstandsmitglied der Beklagten durch Erklärung des Aufsichtsratsvorsitzenden vom 18.8.2015 für unwirksam zu erklären.

Die Beklagte beantragt (Bl. 98), die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung erster Instanz sowie das angefochtene Urteil verwiesen.

II. Der Senat hält die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO für gegeben. Insbesondere hat die Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die Beschlussfassung des Aufsichtsrats ist hinsichtlich des Beschlusses vom 18.8.2015, mit dem die Vorstandsbestellung des Klägers widerrufen wurde (Anlage B 5), nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger in seiner Replik die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Aufsichtsrats beanstandet hat (Bl. 42 f.), geht es dort nicht um formale Fragen, sondern um den Inhalt der Beschlussfassung (dazu unten 2.).

Der Widerruf der Vorstandsbestellung ist zwar nicht begründet worden. Eine Begründung sieht das Gesetz aber - ebenso wie eine vorherige Anhörung des betroffenen Vorstandsmitglieds - nicht vor, was auch der Kläger selbst in seiner Klagschrift nicht in Abrede genommen hat (Bl. 6). Selbst § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB macht die Mitteilung von (Kündigungs-)Gründen nicht zum notwendigen Inhalt einer Kündigungserklärung (vgl. BGH II ZR 161/02, NJW 2004, 1528, 1529), und begründet eine Pflicht erst für den Fall, dass die Angabe vom anderen Teil verlangt wird (wobei eine Verweigerung der Mitteilung der Gründe für die Wirksamkeit der Kündigungserklärung ohne Bedeutung ist).

2. Der Widerruf der Vorstandsbestellung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

§ 84 Abs. 3 AktG, der auch vorliegend Anwendung findet (s. § 108 Abs. 2 KAGB), bestimmt, soweit hier von Bedeutung, dass der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist u.a. der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist.

Das Widerrufsrecht ist daher mehrfach gestuft. Voraussetzung ist zwar das Vorliegen eines wichtigen Grundes, womit das selbständige und weisungsfreie Handeln des Vorstands gem. § 76 Abs. 1 AktG geschützt wird. Einer der vom Gesetz - nicht abschließend - genannten wichtigen Gründe ist bereits der bloße Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Relativiert wird der Vertrauensentzug als wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung dadurch, dass die Hauptversammlung das Vertrauen nicht aus offenbar unsachlichen Gründen entziehen darf.

Dabei geht der Senat mit dem Kläger von einem entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung aus. Der Kläger hat vorgetragen, dass der Vertrauensentzug durch die außerordentliche Hauptversammlung am 18.8.2015 erfolgt sei (Bl. 7) und auch der Hauptversammlungsbeschluss keine weiter gehende Begründung fü...

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