Leitsatz (amtlich)

Die Verfahrensgebühr gem. Nr. 1210 KV, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, wird mit Eingang der Klageschrift bei Gericht und ohne Rücksicht darauf fällig, ob die Klageschrift mangels Unterschrift einer nicht postulationsfähigen Partei wirksam ist oder nicht. Eine Rückzahlung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Entscheidung gem. § 21 GKG getroffen worden ist.

 

Normenkette

GKG §§ 6, 21; GKG-KV Nr. 1210; KostVfg § 4

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 02.12.2008; Aktenzeichen 9 O 138/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 11.12.2008 wird der Beschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Hannover vom 2.12.2008 aufgehoben.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist schon deshalb begründet, weil eine Erinnerungsentscheidung durch das LG mangels zulässiger Erinnerung nicht hätte ergehen dürfen.

Die Einzelrichterin der 9. Zivilkammer hat übersehen, dass eine Erinnerung gem. § 66 GKG gegen den Kostenansatz das Vorliegen einer Kostenrechnung des Gerichts voraussetzt. Der Kostenansatz besteht nämlich gem. § 4 KostVfg in der Aufstellung der Kostenrechnung gem. §§ 27 ff. KostVfg. Eine solche Kostenrechnung ist bisher aber noch nicht erstellt worden. In der Akte befindet sich lediglich die Einzahlungsanzeige hinsichtlich des Gerichtskostenvorschusses. Gegenstand der von der Klägerin eingelegten Erinnerung ist kein Kostenansatz, sondern lediglich das Schreiben der Kostenbeamtin vom 3.11.2008, in dem mitgeteilt wird, dass die eingezahlte Gebühr verbraucht sei und es daher zu keiner Rückzahlung kommen werde. Diese schriftliche Mitteilung ist kein anfechtbarer Kostenansatz.

Eine Erinnerung vor Aufstellung des Kostenansatzes, d.h. der Kostenrechnung ist aber nicht zulässig (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 66 Rz. 18). Die entgegenstehende Entscheidung des KG (Rpfleger 1977, 227 f.) betrifft einen gänzlich anders gelagerten Einzelfall, nämlich die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung auf Antrag des Bezirksrevisors über die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung. Ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist, kann daher dahingestellt bleiben.

II. Ungeachtet dessen hat das LG auch zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass der eingezahlte Vorschuss zurück zu zahlen sei.

Gemäß § 6 Abs. 1 GKG wird die Verfahrensgebühr gem. Nr. 1210 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG mit der Einreichung der Klageschrift, nicht aber erst mit der Zustellung an die gegnerische Partei fällig. Klageschrift im vorgenannten Sinn ist aber jedes Schriftstück, in dem die Absicht der Klageerhebung zum Ausdruck kommt (vgl. Musielak/Foerste, ZPO, 6. Aufl., § 253 Rz. 6). Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 GKG entsteht die Verfahrensgebühr mithin in dem Moment, in dem ein Schriftstück im vorgenannten Sinn bei Gericht postalisch oder per FAX eingeht (vgl. Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Stand: Oktober 2008, Nr. 1210 KV Rz. 49). § 6 GKG setzt keine weitere Bearbeitung des Schriftstücks durch das Gericht voraus. Dem Wortlaut nach differenziert § 6 GKG auch nicht danach, ob die Klageschrift aus prozessualen Gründen wirksam oder unwirksam ist. Gegen eine solche Differenzierung spricht insbesondere der sachliche Gehalt der Vorgängerregelungen zu § 6 GKG. In den Vorgängerregelungen (§ 74 und später 106 GKG) knüpfte die Fälligkeit der Gebühr an das Stellen eines Antrages an. Antrag war dabei nicht im Sinne eines Sach- oder Klageantrages zu verstehen. Unter Antrag war dasjenige Begehren, das Verfahren stattfinden zu lassen (vgl. Rittmann-Wenz, GKG, 16. Aufl. 1936, § 74 Rz. 3) bzw. diejenige Parteihandlung zu verstehen, "die nötig und dazu bestimmt ist, das betreffende Verfahren in Fluss zu bringen, die es "bedingt" (vgl. Friedlaender/Friedlaender, GKG, 1928, § 74 Rz. 3; vgl. auch Mielke, GKG, 1965 § 106 Anm. 2: "... jede Handlung anzusehen, die das Verfahren in Gang bringt"). Die Fälligkeit knüpfte also an die bloße Handlung an, ohne dass es darauf ankam, ob diese Handlung aus formalen oder inhaltlichen Gründen zu beanstanden ist. Für eine Differenzierung nach wirksamen oder unwirksamen Klageerhebungen im Rahmen des § 6 GKG besteht im Übrigen auch kein Anlass. Soweit eine Klage nicht den Formerfordernissen des § 253 ZPO entspricht, ist diese unzulässig und ggf. eine Entscheidung durch Prozessurteil zu treffen. Dem Interesse des Rechtsschutzsuchenden wird in ausreichender Weise durch die Vorschrift des § 21 GKG Rechnung getragen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 253 Rz. 22). Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG kann nämlich für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung der Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

Eine andere Beurteilung kommt auch nicht mit Rücksicht auf die von der Einzelrichterin zitierten Kommentierung in Oestreich/Winter/Hellstab, a.a.O., Rz. 54 f. in Betracht. ...

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