Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Einbeziehung nachehezeitlicher rentenrechtlicher Zeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Erstverfahren über den Versorgungsausgleich sind - abweichend von der Auskunftspraxis der Rentenversicherungsträger - die nach Ehezeitende liegenden rentenrechtlichen Zeiten bei der Berechnung des Ehezeitanteils von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung außer Betracht zu lassen.

2. Im Rahmen der Bagatellklausel des § 18 VersAusglG ist der korrespondierende Kapitalwert gesetzlicher Rentenanwartschaften maßgebend.

3. Die Teilungsordnungen der kommunalen und kirchlichen Zusatzversorgungskassen und die von ihnen erhobenen Teilungskosten sind nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 2, §§ 18, 43

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 29.10.2009; Aktenzeichen 604 F 2541/08 VA)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 18.01.2012; Aktenzeichen XII ZB 696/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der undatierte, am 29.10.2009 zur Geschäftsstelle gelangte Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover geändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (Versicherungs-Nr ...) zugunsten der Ehefrau ein Anrecht i.H.v. 2,3409 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 30.6.2008, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (Versicherungs-Nr ...) zugunsten des Ehemannes ein Anrecht i.H.v. 3,1158 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 30.6.2008, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (Versicherungs-Nr ...) zugunsten des Ehemannes ein Anrecht i.H.v. 7,50 Versorgungspunkten nach Maßgabe der geltenden Kassensatzung, bezogen auf den 30.6.2008, übertragen.

Hinsichtlich der Anrechte des Ehemannes bei der D. Lebensversicherung (Versicherungs-Nr ...) und bei der Z. Lebensversicherung (Versicherungs-Nr ...) sowie des Anrechts der Ehefrau bei der D. Lebensversicherung (Versicherungs-Nr ...) findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den beteiligten Ehegatten gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Gebührenstufe bis 5.000 EUR festgesetzt. In teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung wird der Wert für das erstinstanzliche Verfahren über den Versorgungsausgleich für die Zeit ab dem 1.9.2009 ebenfalls auf die Gebührenstufe bis 5.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) schlossen am 12.4.1982 miteinander die Ehe und wurden auf den am 21.7.2008 zugestellten Antrag der Ehefrau durch Urteil des AG Hannover vom 21.4.2009 rechtskräftig geschieden. Das im Verbund anhängige Verfahren über den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH, wonach die Satzungsbestimmungen der Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes insoweit unwirksam sind, als sie die Berechnung der bis zum 31.12.2001 erworbenen Anrechte der sog. rentenfernen Jahrgänge regeln (BGH FamRZ 2008, 395; 2009, 303), ausgesetzt, obwohl die Ehefrau erst ab 23.4.2002 Anrechte in der Zusatzversorgung, nämlich bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (KZVK), erworben hatte. In der mündlichen Verhandlung vom 21.4.2009 hatten die Eheleute einen Vergleich geschlossen, wonach sie "auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs bzgl. der polnischen Anwartschaften" verzichteten und diesen Verzicht wechselseitig annahmen.

Im September 2009 nahm das AG das Versorgungsausgleichsverfahren wieder auf und übersandte den Beteiligten einen Entscheidungsentwurf zur Stellungnahme. Nachdem innerhalb der gesetzten Frist keine Äußerungen eingegangen waren, erließ das AG einen undatierten Beschluss, der am 29.10.2009 zur Geschäftsstelle gelangte. Damit wurden gem. § 1587b Abs. 1 BGB a.F. gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 20,36 EUR, bezogen auf den 30.6.2008, vom Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes übertragen und gem. § 1 Abs. 3 VAHRG a.F. zu Lasten einer "sonstigen Versorgung" der Ehefrau auf dem Versicherungskonto des Ehemannes gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 21,73 EUR, ebenfalls bezogen auf den 30.6.2008, begründet. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass das AG auf Seiten beider Ehegatten gesetzliche Rentenanwartschaften sowie auf Seiten des Ehemannes zwei Anrechte aus privaten Rentenversicherungen und auf Seiten der Ehefrau ihr als "sonstige Versorgung" bezeichnetes Anrecht bei d...

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