Verfahrensgang

AG V. (Beschluss vom 29.08.2016; Aktenzeichen 5 III 38/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.03.2019; Aktenzeichen XII ZB 320/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten Dr. C. A. und Dr. S. A. wird der Beschluss des AG V. vom 29.8.2016 geändert. Das Standesamt der Stadt W. wird angewiesen, die Geburt des Kindes J. N. A. mit der Maßgabe einzutragen, dass Vater des Kindes Herr Dr. C. A. und Mutter des Kindes Frau Dr. S. A. ist.

Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Gegenstandswert beläuft sich auf EUR 5.000,-.

 

Gründe

I. Die Beteiligten Dr. C. A. (im Folgenden: Kindesvater) und seine Ehefrau, die Beteiligte Dr. S. A. (im Folgenden: Genetische Mutter) begehren die Eintragung als gemeinschaftliche Eltern eines in der Ukraine durch eine sog. "Leihmutter" ausgetragenen Kindes.

Mit Antrag vom 24.6.2015, beim zuständigen Standesamt W. eingegangen am 6.7.2015, beantragte der Kindesvater bei der Deutschen Botschaft in Kiew die Eintragung des in der Ukraine geborenen Kindes J. N. H., geboren am 00.00. 2015 in Kiew (im Folgenden: Kind). Als Mutter des Kindes nannte er Frau O. S. H. (jeweils frei transkribiert, im Folgenden: Austragende), die in diesem Antrag als "Leihmutter" bezeichnet ist. Bereits vor Eingang dieses Antrages beim Standesamt W. erklärten der Kindesvater und die genetische Mutter gegenüber diesem, sie wünschten die Eintragung des Kindes als ihr gemeinsames Kind.

Mit Erklärung vom 28.5.2015 hatte die Austragende vor einer Privatnotarin in Kiew folgende Erklärung in ukrainischer Sprache abgegeben:

"Ich... bin bei vollem Verstand und ungetrübtem Gedächtnis, handelnd freiwillig, ohne irgendwelchen geistigen und moralischen Zwang gebe hiermit meine Zustimmung zur Eintragung des Herrn Dr. A., C., und der Frau Dr. A., S. als Eltern des von mir am 25.5.2015 in Kiew geborenen Kindes des männlichen Geschlechts auf den Namen A., J. N.(medizinische Geburtsurkunde...). Das Kind wurde mit Hilfe der zusätzlichen reproduktiven Technologien mittels der Ersatzmutterschaft geboren und hat genetische Ähnlichkeit mit seinem genetischen Vater Dr. A., C. und seiner genetischen Mutter Dr. A.,... S.,...; d.h. die obenerwähnten Personen sind genetische Eltern des neugeborenen Kindes".

Auf Grundlage des 2011 in Kraft getretenen Art. 123 Abs. 2 des ukrainischen Familiengesetzbuches ("Im Fall einer Übertragung der Leibesfrucht, die von dem Ehemann und der Ehefrau unter der Anwendung von Reproduktionstechnologien erzeugt wurde, in den Organismus einer anderen Frau, sind die Ehegatten die Eltern des Kindes") hatte daraufhin das ukrainische Standesamt den Kindesvater, der am 24.6.2015 mit Zustimmung der Austragenden die Vaterschaft durch Erklärung vor der Deutschen Botschaft in Kiew anerkannte, und die genetische Mutter als alleinige Eltern des Kindes registriert und eine entsprechende Geburtsurkunde ausgestellt.

Mit Schreiben vom 7.12.2015 lehnte das Standesamt der Stadt W. unter Verweis auf die nach deutschem Recht geltenden Vorschriften zur Abstammung, die die mütterliche Abstammung allein an die Geburt knüpfen, die Eintragung der genetischen Mutter als Elternteil für das Kind ab. Den daraufhin erhobenen Antrag, das Standesamt anzuweisen, die genetische Mutter und den Kindesvater als Eltern des Kindes einzutragen, hat das AG W. mit Beschluss vom 29.8.2016 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters und der genetischen Mutter, die weiterhin die Beurkundung der Geburt mit der Maßgabe begehren, dass sie beide die Eltern des Kindes sind.

II. Die nach § 58 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Das AG hat den Antrag, das Standesamt zur Beurkundung der Geburt des Kindes als gemeinsames Kind des Kindesvaters und der genetischen Mutter anzuweisen, zu Unrecht abgelehnt.

Nach § 36 Abs. 1 PStG kann ein Elternteil die standesamtliche Beurkundung der Geburt eines deutschen Staatsangehörigen im Ausland beantragen. Angesichts dessen ist die Geburt des Kindes hier aufgrund des Antrages des Kindesvaters einzutragen. Insofern kann noch dahinstehen, ob das Kind aufgrund der standesamtlichen Eintragung nebst Erteilung der Geburtsurkunde in der Ukraine das gemeinschaftliche Kind des Kindesvaters und der genetischen Mutter ist. Denn jedenfalls aufgrund des mit Zustimmung der Austragenden erteilten Vaterschaftsanerkenntnisses handelt es sich beim Kindesvater auch nach deutschem Recht um den rechtlichen Vater des Kindes. Das Kind ist daher nach § 4 Abs. 1 StAG deutscher Staatsangehöriger; zudem kann der Kindesvater als Elternteil wirksam die Beurkundung der Geburt verlangen.

Diese Eintragung hat gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG die Namen der Kindeseltern zu enthalten. Insofern ist das Standesamt anzuweisen, das Kind als gemeinsames Kind der genetischen Mutter und des Kindesvaters einzutragen. Die Elternschaft der genetischen Mutter folgt zwar nicht aus dem gemäß Art. 19 Abs. 1 EGBGB aufgrund de...

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