Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung der Kostenerstattung bei überhöhten Kosten des Unterbevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Übersteigen die zu erwartenden Kosten des Unterbevollmächtigten die ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um mehr als 10 %, steht dem Kostengläubiger lediglich ein Anspruch auf Erstattung von 100 % der ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten zu.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 103-104

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 17.01.2014; Aktenzeichen 26 O 92/12)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.11.2014; Aktenzeichen I ZB 38/14)

 

Tenor

Die am 12.2.2014 bei dem LG Hannover eingegangene Beschwerde der Klägerin vom 11.2.2014 gegen den am 3.2.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 26. Zivilkammer (6. Kammer für Handelssachen) des LG Hannover vom 17.1.2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 426,54 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten.

Die in F. ansässige Klägerin beauftragte die in M. ansässigen Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung vor dem LG Hannover.

In dem Rechtsstreit machte die Klägerin wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Außer Beweis durch Vorlage von Urkunden wurde Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten (Bl. 30). Nach einem frühen ersten Termin am 16.1.2013, 10:00 Uhr (Bl. 39) kam es zu einem weiteren Termin am 27.8.2013, 10:00 Uhr (Bl. 104).

In beiden Terminen ließ sich die Klägerin durch einen Unterbevollmächtigten vertreten.

Im anschließenden Kostenerstattungsverfahren beantragte die Klägerin die Festsetzung der Gebühren des Unterbevollmächtigten i.H.v. 1.652,54 EUR gegen die zur Kostentragung verpflichtete Beklagte (Bl. 140). Für die Zusammensetzung der Gebühren des Unterbevollmächtigten wird auf dessen Kostenrechnung Bezug genommen (Bl. 142).

Die Rechtspflegerin der 26. Zivilkammer (6. Kammer für Handelssachen) des LG Hannover forderte die Klägerin auf, fiktive Reisekosten für den Hauptbevollmächtigten darzulegen (Bl. 152). Unter Zugrundelegung einer Flugreise mit der Lufthansa zum Tarif "Economy Flex" errechnete die Klägerin Kosten i.H.v. 1.003,52 EUR pro Termin, also 2.007,04 EUR insgesamt. Für die Zusammensetzung dieser Kosten wird auf den Schriftsatz vom 25.11.2013 Bezug genommen (Bl. 153 f.). Sie vertrat die Ansicht, den Bevollmächtigten sei darüber hinaus die Buchung im Tarif "Business Class" zuzubilligen, wodurch sich die Kosten noch einmal um etwa 440 EUR erhöhen würden.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.1.2014 setzte die Rechtspflegerin die Kosten des Unterbevollmächtigten gegen die Beklagte nur auf 1.266 EUR fest (Bl. 156). Zur Begründung führte sie aus, fiktive Reisekosten könnten nur für eine Reise mit der Deutschen Bahn erster Klasse geltend gemacht werden. Unter Hinzurechnung der An- und Abfahrt, Übernachtungskosten i.H.v. 100 EUR und Abwesenheitsgeld für zwei Tage, ergäben sich Kosten i.H.v. 1.266 EUR.

Gegen diesen Beschluss, der Klägerin am 3.2.2014 zugestellt (Bl. 160), richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 11.2.2014, eingegangen beim LG am 12.2.2014 (Bl. 161 ff.). Die Klägerin verteidigt ihre Aufstellung über die fiktiven Reisekosten. Sie meint überdies, die Rechtspflegerin habe zu Unrecht einen Zuschlag in Höhe der Überschreitungstoleranz von 10 % versagt.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 3.3.2014 zur Erwiderung auf ihre bisherigen Stellungnahmen im Kostenfestsetzungsverfahren Bezug genommen.

Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde mit Beschluss vom 7.3.2014 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt (Bl. 166). Der Einzelrichter hat das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen.

II. Die zulässige Beschwerde hat nur in geringem Umfang Erfolg.

Die Klägerin kann Erstattung der Kosten für den Unterbevollmächtigten bis zur Grenze fiktiver Reisekosten verlangen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH stellen die Kosten eines Unterbevollmächtigten dann notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO dar, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - VIII ZB 106/11, juris). Maßgeblich ist ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Demnach sind die Kosten erstattungsfähig, wenn eine Vergleichsrechnung ergibt, dass sie unter den zu erwartenden (fiktiven) Reisekosten liegen.

1. Zutreffend hat die Rechtspflegerin entgegen der Ansicht der Klägerin für die danach anzustellende Vergleichsrechnung eine Anreise mit der Bahn zugrunde gelegt. Zu Unrecht meint die Klägerin, allein wegen der von ihr behaupteten Zeitersparnis stehe ihrem Hauptbevollmä...

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