Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der außerordentlichen unbefristeten Kündigung eines Mietverhältnisses über Gewerberäume gem. § 543 Abs. 1 BGB wegen einer nachhaltigen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses der Mietvertragsparteien.

 

Normenkette

BGB § 543 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 31.07.2008; Aktenzeichen 4 O 103/08)

 

Tenor

Es wird erwogen, die Berufung der Beklagten gegen das am 31.7.2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Verden durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Den Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme und ggf. Rücknahme der Berufung aus Kostengründen bis zum 23.10.2008 gegeben.

 

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auf Grund mündlicher Verhandlung ist auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Die Entscheidung beruht auf der für die Feststellung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung durch außerordentliche unbefristete Kündigung aus wichtigem Grund maßgeblichen Würdigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls.

Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Mit Recht dürfte das LG angenommen haben, dass das Mietverhältnis der Parteien über die zum Betrieb eines Zentrums für Gesundheitssport und Wellness vermieteten Räume im Erdgeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück

Am S. in T. mit Wirkung zum 30.9.2008 beendet (worden) ist, nachdem die Klägerin mit dem am 7.2.2008 zugegangenen Anwaltsschreiben vom

6.2.2008 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses mit einer entsprechenden Auslauffrist erklärt hat.

Die außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin war gem. § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt, weil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung i.S.v. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vorlag. Mit dem LG dürfte nämlich davon auszugehen sein, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung eine nachhaltige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses vorlag, welche zur Kündigung aus wichtigem Grund sogar dann berechtigen kann, wenn nicht nachzuweisen ist, dass eine der Parteien dies allein oder überwiegend zu vertreten hat (vgl. Lindner-Figura/Oprée, Geschäftsraummiete, 2006, Kap. 15 Rz. 251; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rz. 936 m.w.N.).

Das LG hat mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass die Klägerin und ihre Eltern, die Beklagten, hoffnungslos zerstritten sind, seit Jahren Rechtsstreitigkeiten führen und sich gegenseitig mit Strafanzeigen überziehen. Der Senat verkennt zwar nicht, dass allein eine Serie gegenseitiger Prozesse die Annahme einer nachhaltigen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses insbesondere dann nicht rechtfertigt, wenn es sich um ein gewöhnliches gewerbliches Mietverhältnis handelt, bei dem Mieter und Vermieter nicht Räume im gleichen Gebäude nutzen und wenn die fristlose Kündigung bei einer Restlaufzeit von weniger als 2 Jahren erklärt wird (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1993, 16). Im vorliegenden Fall bestehen zwischen den Parteien jedoch enge verwandtschaftliche Beziehungen. Zudem haben die Beklagten der Klägerin nicht alle Räumlichkeiten im Erdgeschoss vermietet. Der Dachboden des Gebäudes, in dem sich sämtliche für die Versorgung des Objektes notwendigen technischen Einrichtungen befinden wurde von den Beklagten auch nicht an Dritte vermietet.

Das LG hat es in dem Parallelverfahren - 2 S 28/05 zudem mit Rücksicht auf die Zerwürfnisses der Parteien und der verbal wie körperlich ausgetragenen Attacken für gerechtfertigt erachtet, mit seinem am 16.1.2008 verkündeten Urteil den Beklagten zu verbieten, die von der Klägerin in dem genannten Objekt gemieteten Räumlichkeiten ohne konkreten Grund und ohne Vorankündigung zu betreten bzw., durch Beauftragte betreten zu lassen und zwar unbeschadet angekündigten regelmäßigen Betretens in Abständen von zwei Monaten, keinesfalls jedoch durch den Bruder der Klägerin.

Bei dieser Sachlage waren die Beklagten schon während des anhängigen Parallelrechtsstreit und erst recht nach Kenntnis der in jenem Verfahren verkündeten Entscheidung gehalten, unter peinlich genauer Beachtung ihrer nebenvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange der Klägerin als Mieterin jegliche Handlungen zu unterlassen, die objektiv geeignet waren, den Betrieb des Fitnessstudios der Klägerin in den angemieteten Räumen ohne vorherige rechtzeitige Ankündigung zu stören. Stattdessen haben der Beklagte zu 2 und der im Lager der Beklagten stehende Bruder der Klägerin im Auftrag der Beklagten nach den von dem LG getroffenen Tatsachenfeststellungen in Kenntnis der Entscheidung im Vorprozess ohne Vorankündigung am 25.1.2008 mit dem Einbau einer zum Dachboden führenden Stahltür oberhalb der Fenster des Damenumkleideraumes und der Damendusche begonnen, wobei sie ein an dem Fenster vorbeiführendes Gerüst sowie eine Leiter in Stellung brachten.

Mit Recht hat das LG in diesem Verhalten eine erhe...

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