Entscheidungsstichwort (Thema)

"Schrottimmobilien": Schadensersatzanspruch des Anlegers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Urteile des EuGH vom 25.10.2005 - insb. dasjenige in der Rs. "Schulte" (EuGH, Urt. v. 25.10.2005 - Rs. C-350/03, MDR 2006, 278) sind nach Überzeugung des Senats dahin-gehend zu verstehen, dass

a) eine echte Rechtspflicht der Kreditinstitute zu ordnungsgemäßer Belehrung der Verbraucher über ihr Widerrufsrecht besteht und im Falle der Nichterfüllung dieser Pflicht - freilich nicht ohne weitere Voraussetzungen - die Kreditinstitute Schadensersatz schulden;

b) der vom Verbraucher darzulegende Schaden auf der Nichterfüllung dieser Pflicht beruhen muss. Eine bereits eingetretene Bindung an den Kaufvertrag steht der Ursächlichkeit entgegen. Ist der Darlehensvertrag nach dem Kaufvertrag geschlossen worden, steht dies einem Schadensersatzanspruch nicht entgegen, wenn eine Bindung an den Kaufvertrag (ausnahmsweise) nicht besteht. Die konkrete Finanzierung ist nicht Geschäftsgrundlage des Kaufvertrags. Ein Anscheinsbeweis für beratungsgerechtes Verhalten greift nicht Platz. Der Verbraucher muss dartun, dass er im Falle ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht von diesem auch Gebrauch gemacht hätte;

c) die Haftung verschuldensunabhängig sein soll. Wer demgegenüber eine verschuldensabhängige Haftung annimmt, kann nicht unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 HtWG ein Verschulden der Kreditinstitute verneinen, weil die Entscheidungen des EuGH dann leer liefen.

 

Normenkette

BGB § 280; HtWG a.F. § 5; RL 85/577/EWG

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 21.02.2006; Aktenzeichen 13 O 21/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten seiner sofortigen Beschwerde zu tragen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller beabsichtigt die Erhebung einer Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung aus der persönlichen Haftungsübernahme in der notariellen Urkunde des Notars G. in D. vom 6.11.1997 unzulässig ist.

Der Antragsteller war im Oktober 1997 von einem Mitarbeiter der G. mbH in O. (GWF) angesprochen und am 21.10.1997 zu Hause aufgesucht worden.

Unter dem 28.10.1997 wurde ein Darlehensvertrag mit der Antragsgegnerin über 45.400 DM geschlossen (Bl. 69 ff.) sowie unter dem 4.11.1997 ein weiterer Darlehensvertrag über 52.000 DM sowie über 88.000 DM (Bl. 75 ff.).

Der Antragsteller, vertreten durch eine Notarfachangestellte, erklärte unter dem 30.10.1997 die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrages für das Objekt G.-Straße in D.-U. (Bl. 39 ff./60 ff.), das dem Antragsteller am 24.10.1997 durch den Notar I. in O. unterbreitet worden war.

Mit Anwaltsschreiben vom 3.1.2006 widerrief der Antragsteller die Darlehensverträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz und dem Verbraucherkreditgesetz (Bl. 88).

Mit Beschluss vom 21.2.2006 hat das LG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung auf den vom gleichen Tag datierenden Beschluss verwiesen, mit dem der Antrag des Antragstellers auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen worden ist.

Der Antragsteller habe die Darlehensverträge zwar wirksam nach § 3 HtWG widerrufen, die Antragsgegnerin könne jedoch im Rahmen der Rückabwicklung die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst marktüblicher Zinsen verlangen; zur Sicherung dieser Forderung dürfe sie ebenfalls aus der notariellen Urkunde vollstrecken. Die Gemeinschaftskonformität der Pflicht zur sofortigen Zurückzahlung der Darlehensvaluta mit marktüblicher Verzinsung habe der EuGH in seinem Urteil vom 25.10.2005 bestätigt. Die Ausnahme, wonach der Darlehensnehmer nicht die Folgen der Verwirklichung der Risiken zu tragen habe, die sich aus einer unterlassenen Widerrufsbelehrung ergeben, läge nicht vor. Der Antragsteller habe alle seine maßgeblichen Willenserklärungen in Bezug auf die Darlehensverträge nach dem Zeitpunkt der Abgabe seiner auf den Erwerb der Immobilie gerichteten Willenserklärung abgegeben, sodass eine Belehrung durch die Antragsgegnerin über sein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz die Abgabe seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung gerade nicht mehr hätte verhindern können.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 6.3.2006.

Der Antragsteller verweist auf das Urteil des OLG Bremen vom 2.3.2006 und darauf, dass es danach auf die Reihenfolge der Vertragsschlüsse nicht ankomme. Bei Abschluss des Immobilienkaufvertrags vor dem Darlehensvertrag könne das Fehlen der Widerrufsbelehrung beim Darlehensvertrag zwar nicht kausal für den Abschluss des Immobilienkaufvertrages sein, aber der Verbraucher könne sich darauf berufen, dass er bei richtiger Belehrung den Kaufvertrag nicht erfüllt, wegen arglistiger Täuschung diesen angefochten oder sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage z.B. wegen sittenwidriger Überteuerung berufen hätte.

Hilfsweise beruft sich der Antragstelle...

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