Leitsatz (amtlich)

1. Eine 1931 eingetragene Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt, das dienende Grundstück „zu landwirtschaftlichen Zwecken zu überwegen und mit Fahrzeugen zu befahren”, berechtigt nicht zu Fahrten von und zu den Gewächshäusern und einem Wohnhaus auf dem herrschenden Grundstück, die die jetzigen Eigentümer 1986 und 1996 für einen dort angesiedelten Gartenbaubetrieb errichtet haben.

2. Haben die Eigentümer des herrschenden Grundstücks bestimmte Fahrten über das dienende Grundstück zu unterlassen, so haben sie auch derartige Fahrten durch Dritte zu verhindern. Tun sie dies nicht, so können sie gem. § 890 ZPO zu einem Ordnungsgeld oder zu Ordnungshaft verurteilt werden.

3. Soweit ein deutlich gesteigerter Verkehr zu Gunsten des herrschenden Grundstücks nebst einer zugepachteten Nachbarfläche zulässig ist, haben die Berechtigten bei der Ausübung des Wegerechts auf die Interessen des Eigentümers des dienenden Grundstücks Rücksicht zu nehmen. Dabei müssen sie gegebenenfalls notwendige umfangreiche Transporte auf mehrere kleinere Lastkraftwagen verteilen.

 

Normenkette

BGB § 1004 Abs. 1, § 1018; ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 27.07.2001; Aktenzeichen 3 O 2247/98)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.04.2003; Aktenzeichen V ZR 323/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen soweit er den Unterlassungsantrag zu 1) für das Wohnhaus und das Flurstück gestellt hat.

2.die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bremen vom 27.7.2001 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes i.H.v. 250.000 Euro und Ordnungshaft für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,

1. es zu unterlassen, das Grundstück des Klägers in Bremen, eingetragen im Grundbuch von Bremen, für Fahrten zu und von dem Betriebsleiterhaus und zu und von den Gewächshäusern auf dem Grundstück der Beklagten in Bremen, zu überwegen,

2. derartige Fahrten Dritter zu verhindern.

3. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

4. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Gewichtsbeschränkung für den Lkw-Verkehr zu den Freilandkulturflächen aufgehoben wird.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/5, die Beklagten tragen 4/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht als Miteigentümer des dienenden Grundstücks gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch geltend, weil sie das u.a. für das Flurstück, das zu dem im Miteigentum der Beklagten stehenden Grundstück gehört, eingetragene Wegerecht in einem Umfang ausübten, der nicht auf einer zulässigen Bedarfssteigerung beruhe und den er, der Kläger, nicht dulden müsse.

Die Beklagten sind Miteigentümer des Grundstücks, auf dem der Beklagte zu 1) eine Gärtnerei betreibt. Das Grundstück hat keinen öffentlichen Anschluss an die Straße. Für das zu diesem Grundstück gehörende 12.335 m2 große Flurstück wurde 1931 ein Recht eingetragen, das Grundstück des Klägers „zu landwirtschaftlichen Zwecken zu überwegen und mit Fahrzeugen zu befahren”. Das Flurstück wurde damals landwirtschaftlich genutzt.

Die Beklagten errichteten auf dem Flurstück im Jahre 1986 Gewächshäuser und 1995/1996 ein Wohnhaus als Betriebsleiterhaus. Auf dem benachbarten Flurstück errichteten sie später ein weiteres Wohnhaus.

Der Kläger hat vorgetragen, seit Errichtung der Gewächshäuser und des Betriebsleiterhauses werde die Überwegung nicht mehr zu landwirtschaftlichen Zwecken, sondern zum Betrieb einer Handelsgärtnerei und zu Wohnzwecken ausgeübt. Diese Art der Überwegung sei unzulässig. Für das Flurstück sei kein Überwegungsrecht zu Lasten seines Grundstücks eingetragen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es bei einem vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeld zu unterlassen, das Grundstück anders als zu landwirtschaftlichen Zwecken, insbesondere durch Angestellte und Kunden ihrer Handelsgärtnerei und Bewohner und Besucher der Wohnhäuser und des Grundstückes der Beklagten Bremen, eingetragen im Grundbuch von … ‚ und zugunsten des Flurstücks und der Pachtgrundstücke der Beklagten zu überwegen oder überwegen zu lassen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, die Gärtnerei sei nicht als Handelsgärtnerei, sondern als Erzeugergärtnerei i.S. eines landwirtschaftlichen Betriebes anzusehen. Die Erzeugung finde nur zu 10 % in Gewächshäusern und im Übrigen im Freiland statt. Das Wohnhaus diene als „Betriebsleiterhaus” der Bewirtschaftung der Gärtnerei. Die Überwegung werde daher insgesamt zu landwirtschaftlichen Zwecken ausgeübt. Der Umfang der Ausnutzung ergebe sich aus der seit 1931 eingetretenen Weiterentwicklung und beeinträchtige die Rechte des Klägers nicht, zumal der Weg von anderen Anliegern zu offensichtlich nicht landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werde....

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