Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der Zivilkammer bei Einwendungen gegen die Kostenberechnung des Notars, Zur Entstehung des Kostenanspruchs des Notars für eine Pfandentlassungserklärung und eine Löschungsbewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zivilkammer ist auch nach Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit berechtigt, einem seiner Mitglieder die Entscheidung als Einzelrichter zu übertragen, wenn der Kostenschuldner gegen die Kostenberechnung eines Notars nach § 156 KO Einwendungen erhebt, wie dies bereits nach altem Recht zulässig war (§ 30 Abs. 1 Satz 3 FGG a.F.). Insoweit ist § 68 Abs. 4 FamFG entsprechend anzuwenden.

2. Ein Kostenanspruch des Notars gem. § 145 Abs. 1 KostO für eine Pfandentlassungserklärung und eine Löschungsbewilligung entsteht nur dann, wenn der in Anspruch genommene Beteiligte den Notar zur Erstellung der Urkunden aufgefordert hat. Die widerspruchslose Entgegennahme der Urkundenentwürfe ohne weitere Äußerung des Beteiligten vermag einen Gebührenanspruch nicht deshalb zu begründen, weil solche Urkunden im Rahmen der weiteren Tätigkeit des Notars erforderlich sind.

 

Normenkette

KostO § 145 Abs. 1, § 156 Abs. 3, 5 S. 3; FamFG §§ 58, 63 Abs. 1, 3, § 68 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 27.06.2011; Aktenzeichen 4 T 879/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Bremen vom 27.6.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 585 EUR.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 27.6.2011 hat das LG Bremen auf die Beschwerde der Antragstellerin die Kostenrechnung des Notars W. vom 28.9.2009 aufgehoben, soweit mehr als 918,86 EUR in Rechnung gestellt wurden (Bl. 33 f. d.A.). Gegen diesen Beschluss, zugestellt am 7.7.2011, hat der Antragsgegner am 21.7.2011 Beschwerde eingelegt (Bl. 40 ff. d.A.). Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18.8.2011 nicht abgeholfen (Bl. 58 f. d.A.).

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gem. § 156 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3 KostO i.V.m. §§ 58, 63 Abs. 1 und 3 FamFG zulässig, aber unbegründet.

1. Allerdings ist die Entscheidung des LG nicht verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Vorliegend hat der Einzelrichter eine Entscheidung getroffen, ohne dass zuvor eine Übertragung auf den Einzelrichter stattgefunden hatte.

Gemäß § 156 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3 KostO sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. Zwar findet sich nur im Zusammenhang mit den Vorschriften zum Beschwerdeverfahren in § 68 Abs. 4 FamFG eine Regelung für die Übertragung auf den Einzelrichter. Es ist aber nicht anzunehmen, dass die Entscheidung des LG über die angegriffene Kostenberechnung allein der Kammer in voller Besetzung überlassen bleiben sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Zivilkammer wie auch sonst in der Besetzung als Einzelrichter entscheiden kann. Insoweit ist § 68 Abs. 4 FamFG entsprechend anzuwenden (Rohs, in: Rohs/Wedewer, Kostenordnung, Stand: 2010, § 156 Rz. 10). Dies entspricht auch der Rechtslage, wie sie noch unter der Geltung von § 30 Abs. 1 Satz 3 FGG bestand. Danach hätte auch der Einzelrichter - wie geschehen - entscheiden können. Eine Übertragung erfolgte allerdings erst bevor über die Abhilfe der Beschwerde entschieden wurde.

Es kann dahin stehen, ob auf diese Weise der Verfahrensfehler geheilt wurde, denn der Senat hat ungeachtet dessen selbst zu entscheiden, weil das LG in der Sache schon eine Entscheidung getroffen hat und die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nicht vorliegen (§ 69 FamFG).

2. Das LG hat die gegen die Verkäufer des Grundstücks, für das die Antragstellerin eine Pfandentlassungserklärung und Löschungsbewilligung abgegeben hat, gerichtete Notarkostenrechnung zu Recht teilweise aufgehoben, weil eine Grundlage für die Kostenhaftung nicht gegeben ist.

a) Der Antragstellerin steht eine Antragsbefugnis und ein Beschwerderecht gem. § 156 KostO zu. Einen Überprüfungsantrag gegen den Zahlungsanspruch oder die Höhe des Anspruchs können auch diejenigen Kostenschuldner stellen, denen eine Kostenberechnung nicht mitgeteilt wurde (Bengel/Tiedtke in Korintenberg, KostO, 18. Aufl., § 156 Rz. 13). Voraussetzung ist lediglich, dass der Antragstellerin die Stellung einer Kostenschuldnerin zukommt. Das ist nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners der Fall, der selbst eine Beauftragung durch die Antragstellerin für die Herstellung der Urkundenentwürfe geltend macht und von ihr die Übernahme der Kosten fordert.

b) Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 145 Abs. 1 KostO für die von ihm erstellte Pfandentlassungserklärung und Löschungsbewilligung nicht gegeben sind. Nach dem klaren Wortlaut setzt der Kostenanspruch voraus, dass der Notar zu einer Tätigkeit von einem Beteiligten aufgefordert wurde. Soweit er aus Gründen der Zweckmäßigkeit eine Tätigkeit an...

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