Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz für Kosten, die einem umgangsberechtigten Elternteil dadurch entstehen, dass sich der andere Elternteil nicht an eine getroffene Umgangsvereinbarung hält

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das jedem Elternteil gemäß § 1684 Abs. 1 BGB eröffnete Recht zum Umgang mit dem Kind begründet zwischen dem Umgangsberechtigten und dem zur Gewährung des Umgangs Verpflichteten ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art, das die Pflicht beinhaltet, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Rücksicht zu nehmen und diesem die Wahrnehmung seines Umgangsrechtes nicht durch die Auferlegung unnötiger Vermögensopfer zu erschweren bzw. für die Zukunft zu verleiden.

2. Wegen Verletzung der vorgenannten Verpflichtung kann ein Schadensersatzanspruch dem umgangsberechtigten Kindesvater gemäß §§ 1684, 280 Abs. 1 BGB analog auch wegen der Verletzung einer vergleichsweise getroffenen Ferienumgangsregelung durch die Kindesmutter zustehen.

3. Eine Umgangsvereinbarung, wonach der Kindesvater die Kinder nach der ersten Hälfte der Sommerferien von der Kindesmutter in der Türkei übernehmen soll, wird von der Kindesmutter verletzt, wenn sie zwar die Kinder an den Kindesvater übergibt, die Herausgabe der Reisepässe der Kinder aber verweigert und von einer Geldzahlung durch den Kindesvater abhängig macht.

4. Der Kindesvater kann dann von der Kindesmutter die Kosten für den von ihm mit der Erwirkung der Passherausgabe in der Türkei beauftragten Rechtsanwalt als Schadensersatz ersetzt verlangen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 280 Abs. 1, §§ 677, 683, 823 Abs. 1, § 1684

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Aktenzeichen 152 F 23/17)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremerhaven vom 4.4.2017 dahingehend abgeändert, dass die Antragsgegnerin an den Antragsteller 711,38 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 4.11.2016 zu zahlen hat. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 26 % und die Antragsgegnerin 74 %.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Es geht um einen Schadensersatzanspruch, den der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin wegen der Missachtung der am 5.4.2016 vor dem Amtsgericht Bremerhaven geschlossenen Umgangsvereinbarung geltend macht.

Die Beteiligten sind die noch miteinander verheirateten Kindeseltern der mittlerweile zwölfjährigen X und der neunjährigen Y. Vor dem Amtsgericht Bremerhaven sind mehrere die Familie betreffende familienrechtliche Streitigkeiten anhängig. In einem Sorgerechtsverfahren zu der Geschäftsnummer des Amtsgerichts Bremerhaven 152 F 1208/15 SO haben die Kindeseltern am 5.4.2016 in der mündlichen Anhörung hinsichtlich der Sommerferien 2016 den Umgang mit den beiden Töchtern wie folgt geregelt:

"Wir sind uns heute schon einig darüber, dass die Sommerferien 2016 der Kinder so gestaltet werden sollen, dass die Kindesmutter in der 1. Hälfte der Ferien mit den Kindern in die Türkei reisen wird. Der Kindesvater wird die Kinder dort abholen und seinerseits 3 Wochen mit den Kindern in der Türkei verbringen und dann mit den Kindern pünktlich zum Schulbeginn wieder zurückkehren."

Bereits am 1.3.2016 hatte die Kindesmutter sowohl für sich als auch für die beiden Mädchen für den Zeitraum vom 3.7.2016 bis zum 26.7.2016 für insgesamt 875 EUR eine Flugreise in die Türkei gebucht und Ende März 2016 auch komplett bezahlt. Am 3.7.2016 ist die Kindesmutter mit den beiden Töchtern in die Türkei geflogen und in das Heimatdorf gefahren, aus dem sowohl der Kindesvater als auch die Kindesmutter stammen. Am 14. oder 15.7.2016 hat der Kindesvater seinen Onkel A zu dem Haus der Kindesmutter in dem Dorf geschickt, um die Kinder von ihr abzuholen. Beide Mädchen sind an den Onkel übergeben worden, der sie wiederum ihrem Vater übergeben hat. Die Reisepässe beider Mädchen sind nicht an den Onkel herausgegeben worden. Der Grund dafür, aus dem die Reisepässe nicht bereits Mitte Juli 2016 an den Kindesvater herausgegeben worden sind, ist streitig. Unstreitig hat der Kindesvater am 22.7.2016 bei dem Amtsgericht Bremerhaven ein Eilverfahren eingeleitet, wonach die Kindesmutter verpflichtet werden sollte, die Pässe der Kinder an den Kindesvater, hilfsweise an einen Gerichtsvollzieher als Sequester herauszugeben. Dieses unter der amtsgerichtlichen Geschäftsnummer 152 F 1019/16 EASO bei dem Amtsgericht Bremerhaven geführte Verfahren ist nach Passherausgabe übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Das Amtsgericht hat sodann einen Kostenbeschluss gemäß § 91a ZPO gemacht, in dem es der Kindesmutter die Verfahrenskosten auferlegt hat. Die Übergabe der Reisepässe der Kinder durch die Kindesmutter erfolgte am 26.7.2016. Die Töchter hielten sich zusammen mit dem Kindesvater noch bis zum 1.8....

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