Leitsatz (amtlich)

Kosten für den Besuch eines sogenannten "pädagogischen Mittagstisches" stellen grundsätzlich keinen unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf des Kindes dar.

Die durch den Besuch eines sogenannten "pädagogischen Mittagstisches" durch ein Schulkind entstehenden Aufwendungen stellen keinen unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf des Kindes dar, wenn sich die pädagogische Förderung auf den Erwerb sozialer Kompetenzen beschränkt, da deren Vermittlung üblicherweise zu den ureigenen Elternaufgaben gehören (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 04.10,.2017 - XII ZB 55/2017).

 

Normenkette

BGB §§ 1603, 1610, 1612

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Aktenzeichen 68 F 5736/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 23.02.2017 abgeändert. Der Antrag des Antragstellers wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.398,24 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für den von dem Antragsteller besuchten sog. "pädagogischen Mittagstisch" in der Sankt [...] Gemeinde [...].

Der Antragsteller ist der am [...] 2007 geborene Sohn des Antragsgegners. Er lebt gemeinsam mit seinem am [...] 2004 geborenen Bruder bei der Kindesmutter. Die Ehe der Eltern wurde am 19.02.2013 rechtskräftig geschieden. Im Zusammenhang mit der Beendigung der Ehe schlossen die Eltern am 15.11.2012 eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung (Bl. 8 ff. d. A.). Neben Regelungen zum nachehelichen Unterhalt (3.000,- EUR monatlich bis Februar 2017, 2.000,- EUR monatlich bis Ende 2022 für die KM), zum Zugewinnausgleich und zum Versorgungsausgleich enthält die Vereinbarung auch Regelungen zur Zahlung des Kindesunterhalts durch den Antragsgegner. Danach verpflichtete sich dieser gem. § 328 BGB seinen Söhnen gegenüber zur Zahlung eines Kindesunterhalts in Höhe von 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe nach der Düsseldorfer Tabelle, zuzüglich weiterer 25 % des danach geschuldeten Unterhalts, abzüglich hälftigen Kindergeldes. Ferner übernahm er die für die private Krankenversicherung der Kinder entstehenden Krankenversicherungsbeiträge. Darüber hinaus findet sich in Ziffer IV (5) folgende Regelung:

Der Erschienene zu 1. (Anm.: Antragsgegner) trägt die Kosten eines etwaigen Mehrbedarfs i.H.v. 90 %. Derzeit trägt der Erschienene zu 1. bis zur Einschulung des Kindes [...] 90 % des Kindergartenbeitrages von monatlich Euro 257,00, mithin Euro 231,30 monatlich. Ab dem 01.01.2013 erhöht sich der monatliche Kindergartenbeitrag auf Euro 310,00, so dass der Erschienene zu 1. hiervon 279,00 EUR trägt. Der anteilige Kindergartenbeitrag ist zahlbar zu Händen der Kindesmutter bis zum 3. eines jeden Monats jeweils im Voraus. Die Geltendmachung eines weiteren Mehrbedarfs ist damit nicht ausgeschlossen.

Seit dem 1.08.2016 besucht der Antragsteller, der z. Zt. die vierte Grundschulklasse besucht, den sog. pädagogischen Mittagstisch der St. [...] Gemeinde, der eine nachschulische Betreuung der Kinder zwischen 13.00 h und 15.00 h anbietet. Diese Betreuungsleistung nimmt der Antragsteller allerdings nicht voll in Anspruch, denn am Freitag nimmt er an dem Betreuungsangebot nicht teil, sondern wird von seiner Mutter betreut. Nach dem Ende des laufenden Schuljahres wird der Antragsteller an eine weiterführende Schule wechseln und dann nicht mehr an dem Mittagsangebot teilnehmen. Durch die Teilnahme entstehen der Kindesmutter Kosten in Höhe von 118,00 EUR pro Monat, einschließlich eines Verpflegungsanteils für das Mittagessen in Höhe von 20,90 EUR. Von den reinen Betreuungskosten (97,10 EUR) hat sie im August 2016 erfolglos die monatliche Zahlung von 90% - 87,39 EUR - als Mehrbedarf i.S.d. Ziff. IV (5) der Scheidungsfolgenvereinbarung vom Antragsgegner verlangt.

Mit seinem am 03.11.2016 beim Amtsgericht - Familiengericht - eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller die Zahlung eines Unterhaltsrückstandes für die Monate August 2016 bis November 2016 i.H.v. 349,56 EUR sowie die Zahlung eines laufenden Mehrbedarfs ab Dezember 2016 in Höhe von 87,39 EUR.

Zur Begründung hat der Antragsteller ausgeführt, sein Anspruch beruhe auf Ziffer IV (5) der Scheidungsfolgenvereinbarung i.V.m. Ziffer 12.4 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Oberlandesgerichts Bremen, wonach die Kosten für Kindergärten und vergleichbare Betreuungseinrichtungen Mehrbedarf seien. Hortkosten seien nach weit verbreiteter Auffassung immer Mehrbedarf, was sich schon aus den Empfehlungen des 19. Deutschen Familiengerichtstages ergebe (FamRZ 2011 Seite 1921). Der Besuch des Hortes - pädagogischer Mittagstisch - diene vorliegend der Entwicklung des Kindes und nicht dazu, der Kindesmutter ihre Berufstätigkeit zu ermöglichen. Der Antragsteller gehe gern zum pädagogischen Mittagstisch. Der Mittagstisch diene nicht der Verwahrung der Kinder, sondern ihrer pädagogischen Begleitung. Es handele si...

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