Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilunwirksamkeit der notariellen Beurkundung der Willenserklärung des Erblassers; Bestellung des beurkundenden Notars zum Testamentsvollstrecker durch eine privatschriftliche Verfügung des Erblassers

 

Leitsatz (amtlich)

Beurkundet der Notar in einem Testament, dass der Erblasser dem beurkundenden Notar einen verschlossenen Umschlag mit einer privatschriftlichen Verfügung übergeben hat, der die Ernennung des Testamentsvollstreckers beinhaltet und ist der Notar selbst in dieser als "Anlage zum Testament" bezeichneten Verfügung vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker ernannt worden, kann das Testament hinsichtlich der Ernennung des beurkundenden Notars zum Testamentsvollstrecker nach den Umständen des Einzelfalls gem. §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG i.V.m. § 125 BGB nichtig sein.

 

Normenkette

BEURKG § 7 Nr. 1; BeurkG § 27; BGB §§ 125, 2232 Sätze 1-2, § 2361 Abs. 1, § 2368 Abs. 3; FamFG § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bremen-Blumenthal (Beschluss vom 13.02.2013; Aktenzeichen 50 VI 27/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1.) wird das AG Bremen-Blumenthal angewiesen, das Testamentsvollstreckerzeugnis vom 13.2.2013, in dem Rechtsanwalt und Notar X. zum Testamentsvollstrecker in der Nachlassangelegenheit [...] ernannt worden ist, einzuziehen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 2.).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird festgesetzt auf EUR 30.000,00.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1.) begehrt als Vermächtnisnehmerin die Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wegen behaupteter Unrichtigkeit.

Der Erblasser ließ von dem Notar X., dem Beteiligten zu 2.), am 6.8.2012 zu dessen UR-Nr. 465/2012 ein notarielles Testament beurkunden. In diesem Testament setzte der Erblasser seine beiden Kinder, A. und B., zu je ½-Anteil als Erben ein. Zudem ordnete er Dauertestamentsvollstreckung für den ganzen Nachlass bis zum 31.12.2017 an. Unter Ziff. 6., S. 2 heißt es sodann: "Ich habe dem beurkundenden Notar einen verschlossenen Umschlag mit einer eigenhändigen, privatschriftlichen Verfügung übergeben, die die Ernennung des Testamentsvollstreckers enthält ..." Ziff. 7 lautet wie folgt: "Ich beauftrage den Notar, dieses Testament sowie den in Ziff. 6 genannten verschlossenen Umschlag in die amtliche Verwahrung beim AG Bremen-Blumenthal zu geben." Ergänzend zu diesem Testament ließ der Erblasser ebenfalls am 6.8.2012 zur UR-Nr. 467/12 des Beteiligten zu 2.) ein Vermächtnis beurkunden, in dem er seiner Lebensgefährtin, der Beteiligten zu 1.), ein bis zum 31.12.2017 befristetes unentgeltliches Wohnungsrecht an einer näher bezeichneten, bis dahin gemeinsam genutzten Wohnung einräumte. Zudem verfasste der Erblasser am 6.8.2012 eigenhändig und privatschriftlich eine "Anlage zum Testament W. vom 6.8.2012". Darin heißt es: "Ich ernenne RA X ... zu meinem Testamentsvollstrecker." Diese, vom Erblasser unterschriebene Erklärung übergab der Erblasser dem Beteiligten zu 2.) am 6.8.2012 in einem verschlossenen weißen Briefumschlag, der mit "Anlage zum Testament W. vom 6.8.2012" beschriftet war.

Die beiden notariell beurkundeten letztwilligen Verfügungen des Erblassers vom 6.8.2012 sind in verschlossenen und versiegelten braunen Umschlägen vom Büro des Beteiligten zu 2.) dem AG Bremen-Blumenthal in amtliche Verwahrung gegeben worden. Gleichzeitig ist dort vom Büro des Beteiligten zu 2.) der weiße Umschlag mit der privatschriftlichen "Anlage zum Testament W. vom 6.8.2012" abgegeben worden. Als "Anlage zum Testament" bezeichnete der Beteiligte zu 2.) diese Urkunde auch selbst in seinem Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 11.12.2012 (UR- Nr. 1007/2012 des Notars K., Bremen, Bl. 3 d.A.); die Aufschrift "Anlage zum Testament" trägt auch der Umschlag. Ob dieser Umschlag separat abgegeben wurde oder sich in einem der versiegelten braunen Umschläge befand, ist zwischen den Beteiligten streitig. In der entsprechenden Nachlassakte des AG Bremen-Blumenthal (Gesch.-Nr. 50 IV 508/12) befinden sich bezüglich der hier in Rede stehenden Dokumente lediglich zwei Verfügungen vom 16.8.2012 über die besondere amtliche Inverwahrungnahme (Bl. 8 und 12 der vorgenannten Akte). Mit den dort vergebenen Verwahrungsbuch-Nr. 31122 und 31123 sind die beiden braunen Umschläge versehen worden, die die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zu den UR-Nrn. 465/12 und 467/12 des Beteiligten zu 2.) enthielten. Eine weitere Verwahrungsbuch-Nummer ist nicht vergeben worden. Insbesondere ist der weiße Briefumschlag nicht mit einer Verwahrungsbuch-Nummer versehen. Er trägt auch keinen Eingangsstempel oder sonstigen Hinweis, wie er an das Gericht oder zur Gerichtsakte gelangt ist.

Der Erblasser verstarb am 6.11.2012. In dem Protokoll über die Eröffnung der letztwilligen Verfügungen vom 16.11.2012 (Gesch.-Nr. 50 IV 508/12, dort Bl. 18) heißt es:

"Die Umschläge wurden geöffnet. Die Verfügungen wurden eröffnet. Sie sind wie folgt datiert:

a) 14.6.1993;

b) 24.9.2007;

c) 6.8.2012 -nebst handschriftlicher A...

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