Leitsatz (amtlich)

Unterhaltsansprüche sind grundsätzlich unpfändbar und damit unabtretbar. Eine Ausnahme vom Abtretungsverbot gilt für Ansprüche auf rückständigen Unterhalt, wenn der Unterhaltsberechtigte vom Abtretungsempfänger den vollen Unterhalt erhalten hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 78, 104, 577

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 6 O 856/00)

 

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Beklagte hat zum einen in der Berufungsinstanz bisher keine Unterlagen i.S.d. § 117 Abs. 1 ZPO über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Die Verweisung auf auf die erstinstanzlich vorgelegten, ein Jahr alten Unterlagen reicht nicht aus. Zum anderen bietet die Berufung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. des § 114 ZPO. gegenwärtig stellt sich die Rechtslage hinsichtlich der allein im Streit befindlichen, zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung wie folgt dar:

1. Anders als das LG erachtet der Senat die geltend gemachten Unterhaltsansprüche als hinreichend substantiiert. Die Beklagte stellt den durch die beiden Schuldurkunden von April und Mai 1984 titulierten Kindesunterhalt (mtl. 450 DM) und Ehegattenunterhalt (mtl. 650 DM) für den Zeitraum Juni 1992 bis Mai 1997 zur Aufrechnung. Das ist der Zeitraum, der Gegenstand der Vereinbarung vom 15.5.1992 ist. Dass der Kläger in dieser Zeit den titulierten Unterhalt nicht gezahlt hat, ist unstreitig. Der danach offene Gesamtbetrag beträgt (60 Monate × 1.100 DM) 66.000 DM. Davon zieht die Beklagte die in Ziff. 2–4 der Vereinbarung vom 15.5.1992 genannten Beträge von insgesamt 26.000 DM ab, so dass die zur Aufrechnung gestellten 40.000 DM verbleiben.

2. Die vom Kläger vertretene Ansicht, der Unterhalt sei nicht zu zahlen gewesen „aufgrund der weiteren Darlehnsverbindlichkeiten bzw. Bürgschaften, die der Kläger zugunsten der Beklagten eingegangen war”, findet in der Vereinbarung vom 15.5.1992 keine Stütze. Der Kläger will wohl sagen, in Ziff. 1 der Vereinbarung sei nicht Stundung, sondern Erlass gemeint. Das aber hat die Beklagte bestritten. Für einen mit dem Wortlaut der Vereinbarung nicht übereinstimmenden Willen der Parteien hat der Kläger keinen Beweis angetreten.

3. Mit den Ansprüchen auf Kindesunterhalt aus dem o.g. Zeitraum kann die Beklagte entgegen der Ansicht des LG grundsätzlich aufrechnen, da die Beklagte aufgrund wirksamer Abtretung selbst Forderungsinhaberin geworden ist. Zwar sind Unterhaltsansprüche als nach § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO unpfändbare Forderungen grundsätzlich nicht abtretbar (§ 400 BGB). Das gilt aber dann nicht, wenn die Schutzfunktion dieser Vorschriften nicht greift, die dahin geht zu verhindern, dass dem Unterhaltsgläubiger die Lebensgrundlage entzogen werden kann. Dieser Schutzfunktion bedarf es insbesondere dann nicht mehr, wenn der Abtretende vom Abtretungsempfänger den vollen Gegenwert seiner Unterhaltsansprüche erhalten hat (vgl. BGH, NJW 1972, 1703 [1705]; Soergel/Häberle, BGB, 12. Aufl., vor § 1601 Rz. 4; Gießler, FamRZ 1994, 800 [803]). Danach war hier eine Abtretung der Ansprüche auf rückständigen Kindesunterhalt durch das Kind I. an die Beklagte dann möglich, wenn die Beklagte in der Vergangenheit auch für den Barunterhalt des Kindes in der vom Kläger geschuldeten Höhe (mtl. 450 DM) aufgekommen ist.

Davon ist trotz des Bestreitens des Klägers auszugehen. Wie in der vergleichbaren Situation des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs in den Fällen, in denen ein Elternteil das Kind betreut und versorgt hat, ohne den vom anderen Elternteil geschuldeten titulierten Barunterhalt bekommen zu haben (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 2. Aufl., Rz. 696 m.w.N.), besteht eine Vermutung dafür, dass die Beklagte den Barbedarf des Kindes i.H. seines Unterhaltsanspruchs gedeckt hat, zumal dieser im fraglichen Zeitraum teils unter, teils nur geringfügig über dem Unterhalt nach der ersten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle gelegen hat. Diese Vermutung hat der Kläger nicht entkräftet. Der rückständige Kindesunterhalt war damit abtretbar und ist durch die Erklärung vom 13.2.2001 wirksam an die Beklagte abgetreten worden. Soweit die Abtretungserklärung auch künftige Ansprüche erfasste und damit unwirksam war, ist entgegen der Grundregel des § 139 BGB von der Teilwirksamkeit der die Rückstände betreffenden Abtretung auszugehen, weil eine Teilwirksamkeit der Interessenlage der Vertragschließenden entsprach.

Allerdings war die abgetretene Forderung betreffend den Zeitraum bis Ende 1996 zum Zeitpunkt der Abtretung bereits verjährt (§§ 197, 201 BGB). Der Kläger beruft sich auch auf Verjährung. Bzgl. dieser im Zeitpunkt der Abtretung verjährten Forderung hilft der Beklagten auch nicht § 390 S. 2 BGB, denn die Forderung stand der Klagforderung erst nach der am 13.2.2001 erfolgten Abtretung aufrechenbar gegenüber, zu einem Zeitpunkt also, als sie bereits verjährt war. Es bleiben als auf...

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