Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 09.04.2013; Aktenzeichen 7 O 1322/12 (204))

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 21.02.2017; Aktenzeichen VI ZR 314/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 09.04.2013 – Aktenzeichen: 7 U 1322/12 (204) – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2012 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 46,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2012 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf die Wertstufe bis 45.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt unter dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung aus abgetretenem Recht Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Wegen des Sach- und Streitstandes und der Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (LGU Seite 1–3, Bl. 62 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen und Ansprüche aus Tierhalterhaftung gegen den Beklagten verneint. Es sei nicht feststellbar, dass sich die spezifische Tiergefahr realisiert habe und diese für die Verletzung des geschädigten Zeugen Busch ursächlich geworden sei. Nicht das Bellen oder die etwaige Berührung des Hundes des Beklagten hätten den Ehemann der Klägerin in Angst und Schrecken versetzt. Vielmehr sei dieser durch ein plötzliches lautes Geräusch und einer etwaigen Berührung an seinem linken Bein überrascht worden. Er habe sich daher seine etwaige Verletzung nicht aus Angst vor dem Angriff eines Hundes zugezogen. Vielmehr habe sich jener nur reflexhaft nach links gedreht, um eine unklare und für ihn überraschende Situation nachvollziehen zu können. Da letztlich jedes andere Geräusch oder jede andere Berührung eine solche Reaktion des Zeugen Busch hätte auslösen können, habe sich nicht die besondere Tiergefahr, sondern nur ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, so dass ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld ausscheide.

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 12.04.2013 zugestellte (Bl. 68 d.A.) Urteil mit Schriftsatz vom 19.04.2013, Eingang beim Oberlandesgericht Braunschweig am 22.04.2013 (Bl. 71 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.06.2013, eingegangen am selben Tage (Bl. 78 d.A.), begründet.

Die Klägerin greift das Urteil in vollem Umfang an. Entgegen der Annahme des Landgerichts hafte der Beklagte sehr wohl aus Tierhalterhaftung. Das Verhalten des Hundes habe zu einer Verletzung ihres Ehemanns geführt. Indem der Hund des Beklagten den Zeugen B. von hinten angesprungen und angebellt habe, habe dieser mit einer Attacke des Tieres gerechnt und befürchten müssen, eventuell gebissen zu werden. Die Berührung und das Bellen hätten diesen dann veranlasst, sich umzudrehen. Der Hund habe daher eine physische Wirkung, nämlich einen Reflex beim Zeugen B., ausgelöst, was schließlich zum Verdrehen des Knies und der Verletzung geführt habe. Insoweit bestehe ein adäquater Ursachenzusammenhang zwischen dem Bellen und dem Berühren durch den Hund und der anschließenden Knieverletzung. Es habe sich auch gerade die typische Tiergefahr realisiert. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens bzgl. der eingetretenen Verletzung ist sie der Auffassung, dass trotz des Vorschadens eine Operation am Kreuzband ohne den Vorfall vom 19.05.2011 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich gewesen wäre. Erst aufgrund der durch den Vorfall erlittenen Verletzung sei ihrem Ehemann geraten worden, eine Kreuzbandoperation durchzuführen. Sie ist der Auffassung, dass der Sachverständige zu seinem Gutachten noch weiter zu hören sei und die Zeugen B. und der Orthopäde Dr. K. zu vernehmen seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 09.04.2013 – Aktenzeichen: 7 O 1322/12 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

  1. an die Klägerin 30.236,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2012 zu zahlen,
  2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein...

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