Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 08.01.2008; Aktenzeichen 21 O 2945/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 8.1.2008 - 21 O 2945/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 EUR und im Übrigen, einschließlich der Kosten, durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung der Verurteilung zur Unterlassung Sicherheit i.H.v. 15.000 EUR und vor der Vollstreckung im Übrigen Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Verbraucherverband gegen die beklagte Betriebskrankenkasse einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen Telefonanrufen von Mitarbeitern der Beklagten bei deren Mitgliedern zur Vermittlung von Zusatzversicherungen bei einem privaten Versicherungsunternehmen, dem sie Verträge mit ihren Mitgliedern vermittelt, sowie Abmahnkosten geltend.

Am 29.5.2007 rief eine Mitarbeiterin der Beklagten bei deren Mitglied L an dessen privatem Telefonanschluss an. Herr L hatte zuvor kein ausdrückliches Einverständnis zu einem solchen Anruf erteilt. Die Mitarbeiterin der Beklagten klärte ihn über im Zuge der Gesundheitsreform bestehende Versorgungslücken auf und bot ihm eine private Zusatzversicherung bei der X Versicherung an. Herr L nannte seine Kontoverbindung. Nach einiger Zeit erhielt er eine Bestätigung über einen Versicherungsabschluss bei der X Versicherung unter Übersendung des Versicherungsscheins. Daraufhin wandte sich Herr L an den Kläger, der die Beklagte mit Schreiben vom 8.10.2007 erfolglos abmahnte.

Der Kläger sieht in dem Anruf einen Verstoß gegen § 7 II Nr. 2 UWG und macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch sowie 200 EUR Abmahnkosten geltend. Er hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher unaufgefordert anzurufen bzw. anrufen zu lassen und

2. an den Kläger 200 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihre Tätigkeit gem. § 69 SGB V nicht in den Anwendungsbereich des UWG falle und sie im Übrigen zur Beratung und Information ihrer Mitglieder berechtigt und verpflichtet sei.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung und im Übrigen unter Abweisung des weitergehenden Unterlassungsantrages unter Ordnungsmittelandrohung verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Mitglieder unaufgefordert und ohne ihr vorheriges Einverständnis anzurufen oder anrufen zu lassen, soweit dabei auch für den Abschluss privater Zusatzversorgungen geworben wird, insbesondere wie am 29.5.2007 gegenüber ihrem Mitglied L geschehen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt weiterverfolgt. Ihre Tätigkeit falle auf Grund von § 69 SGB V nicht unter den Anwendungsbereich des UWG. Im Übrigen gehöre die Beratung über Versorgungslücken zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag. Dazu dürfe die Beklagte ihre Versicherten auch anrufen. Wenn die Beklagte dann die Vermittlung einer konkreten Zusatzversicherung anbiete, werde die Schwelle zur unzumutbaren Belästigung nicht überschritten. Im Übrigen erfasse der Urteilstenor auch die Fälle, in denen die Beklagte am Telefon nur allgemein informiere und der Versicherte dann von sich aus nach dem Abschluss einer Zusatzversicherung bei der Beklagten frage. Die telefonische Information sei erheblich kostengünstiger, was im Ergebnis den Versicherten wegen der Auswirkung auf die Beitragshöhe zugute komme.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Braunschweig vom 8.1.2008 -21 O 2945/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. § 69 SGB V erfasse nicht die Rechtsbeziehungen zwischen der Krankenkasse und ihren Mitgliedern. Auch private Versicherungsunternehmen seien im Rahmen des § 6 VVG zur Beratung verpflichtet. Im Übrigen dürften Krankenkassen auch im Rahmen ihrer allgemeinen Pflicht zur Information die Mitglieder nicht ohne weiteres anrufen. Dem stünden die Persönlichkeitsrechte ihrer Mitglieder entgegen. Entgegen der Ansicht der Beklagten werde der Fall, dass der Versicherte von sich aus nach einer Zusatzversicherung frage, nicht vom Urteilstenor erfasst.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das LG geht zutreffend davon aus, ...

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